1848 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Neudecker, Chr. Gotth., Schröer, Tobias Gottfried
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Privatunterricht, Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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Gefahr; schon verzagte das Schiffsvolk, als es den Landvogt darauf auf-
merksam machte, daß Teil wohl allein noch helfen könnte. Jetzt ließ
Geßler dem Gefangenen die Fesseln abnehmen und befehlen, das Fahrzeug
zu lenken. Tell ergriff das Steuer und führte mit geschickter Hand das
Schiff nach dem Ufer und an den Felsen hin. Wo aber am Axenberg,
dessen kahle Wand aus den Fluchen emporsteigt, eine nackte Felsenplatte
einige Schritte weit in den See hineinragt, da ersah Tell den Augenblick,
ergriff seine Waffen und sprang auf die Platte; das Schiff schleuderte er
mit dem Fuße in die stürmende Fluth zurück und entkam über den Berg
in das Land Schwyz. Doch auch der Vogt erreichte später das Ufer und
zog durch die hohle Gasse nach Küßnach. Hier lauerte Tell im Gebüsche
auf ihn und schoß ihm einen Pfeil durch's Herz. Niemand verfolgte ihn,
denn alle Welt sagte: „Gott habe gerichtet!" Die Verbündeten tadelten
Anfangs die blutige That; als aber das Land später befreit war, hielte»
die Einwohner alljährlich Wallfahrten nach der Felsenplatte, wo Tell das
Schiff zurückgeschleudert hatte, und sie heißt die Tellenplatte bis auf
diesen Tag.
Das geschah ohne Einverständniß und Verabredung; was aber auf
dem Rütli beschlossen ward, vollzogen die Eidgenossen am Neujahrstage
1308, indeß darf doch hier nicht unbemerkt bleiben, daß nach neueren hi-
storischen Forschungen die Person des Tell eine mythische Person ist, die
auch in der alten nordischen Geschichte vorkommt. Soviel Wahrheit wird
aber mit Recht immer auch der Sage von einem Tell in der Schweiz bei-
gelegt, daß sich die Schweizer durch eine blutige That von der unerträgli-
chen Tyrannei ihrer Bedrücker frei machten. Die Burgen der Landvögte
wurden von den Schweizern ohne Blutvergießen genommen, auch Landen-
berg, der entfliehen wollte, kam in ihre Gewalt, doch thaten sie ihm kein
Leid an, sondern ließen ihn, nachdem er geschworen hatte, nie wieder in die
Waldstädte zu kommen, zu dem Kaiser zieheu. Durch ganz Unterwalden
flammten die Feuer auf vou Alpe zu Alpe, um das Volk zur Freiheit
aufzurufen, und in wenigen Tagen war in den Waldstädten kein kaiserlicher
Söldner mehr zu finden.
Als der Kaiser Albrecht von diesen Vorgängen hörte, ward er zornig,
sammelte ein Heer und zog nach der Schweiz. Mit ihm ging seines Bru-
ders Sohn Johann von Schwaben, dem er das väterliche Erbe vorent-
hielt, um mit demselben seine eigenen Söhne Friedrich und Leopold zu
belehnen. Johann war ein wilder und leidenschaftlicher Jüngling, mit der»
sich die Ritter Eschen dach, von Palm, von Wart und von Te-
gernfeld verschworen hatten, den Kaiser zu ermorden. Als Albrecht mit
diesen Männern allein auf einer Fähre über' die^Reuß fuhr, sielen die
Verschworenen über ihn her und ermordeten ihn. Der Kaiser verschied in den
Armen eines alten Weibes, das am nahen Wege saß; die Mörder verschwan-
den, nur Rudolf von Wart, der bei dem Morde nicht Hand angelegt,
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