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1. Mittlere Geschichte - S. 293

1848 - Leipzig : Brandstetter
293 er vollbracht hatte, denn Ulrich Cilli's Haß vererbte sich auf die Söhne des verstorbenen Helden, La dis lall s und Matthias. Als Ulrich von Ladislaus in Folge eines Wortwechsels, der sich zum Zweikampfe steigerte, in Belgrad ermordet wurde, ließ der junge König Ladislaus V. den Mörder in Ofen enthaupten, den jüngeren Bruder Matthias aber, einen Knaben von 14 Jahren, gefangen nach Prag abführen. Ein Jahr darnach starb aber König Ladislaus, als er eben in Prag seine Vermählung mit einer französischen Prinzessin feiern wollte; die zu Ofen versammelten Stände des Königreiches Ungarn wählten darauf den jungen Matthias zum Kö- nige von Ungarn, — aus Furcht vor dem Statthalter von Siebenbürgen, Michael Silagyi, der, ein Oheim der jungen Corvine, mit einem großen Heere vor die Hauptstadt gekommen war, um den Tod seines Neffen zu rächen. Matthias, ein großherziger und eben so tapferer als staatskluger Fürst, zeigte schon in früher Jugend, was er werden sollte. Er zwang den Kaiser Friedrich Iii. mit gewaffneter Hand, die Krone auszuliefern, schlug die Polen, deren König Casiniir Ansprüche auf die Krone machte, aus dem Felde, entriß den Osmanen Bosnien, und erhob überhaupt durch das geistige Uebergewicht, welches er über alle seine Vasallen hatte, das könig- liche Ansehen und die Macht Ungarns. Er befleckte jedoch seinen Charak- ter durch den Krieg, den er gegen seinen Schwiegervater und Wohlthäter, den König Georg Podiebrad von Böhmen, führte. Auch scheint der letzte Krieg gegen Kaiser Friedrich Iii., in welchem Matthias Wien und Neustadt eroberte, dem Reiche weniger genützt zu haben, als er gekostet hatte, denn die Folge zeigte, daß es viel vortheilhafter gewesen wäre, wenn Matthias mit Deutschland und Böhmen Frieden gehalten, die Kräfte der Chri- sten vereint, diese gegen die Osmannen geführt und die Grenzen des Reiches gegen Süden hin erweitert hätte. Groß waren des Matthias (Corvinus) Verdienste auch um die Wissenschaften, die er ungemein liebte und beför- derte. Er legte in Ofen eine Bibliothek an, für die er die kostbarsten Handschriften sammelte, und zog Gelehrte aus Italien an seinen Hof, an welchem Kunstliebe und feine Sitte mit Pracht und Aufwand vereinigt herrschten. Der große König, dessen Andenken noch immer im Munde aller Landsasscn von Ungarn lebt, starb im I. 1490 zu Wien. In Ungarn regierte nach ihm der träge Wladislaw Ii., ein Sohn des Polenköniges Casimir, der seit Georg Podiebrad's Tode König von Böhmen war. Unter der 24jährigen Regierung dieses schläferigen Fürsten gewannen die Großen des Reiches die Oberhand wieder so sehr, daß weder Gesetze noch Verfas- sung Geltung hatten, die auswärtigen Eroberungen verloren gingen und die unmenschlich bedrückten Bauern einen furchtbaren Aufstand wagten, der zwar durch den mächtigen Woiwoden von Siebenbürgen, Johann Zä- polya, gedämpft wurde, aber auch Spuren der Verwüstung zurückließ und das Volk so schwächte, daß Ungarn, die Schutzmauer Europa's, unter die Osmanen fallen mußte.
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