1848 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Neudecker, Chr. Gotth., Schröer, Tobias Gottfried
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Privatunterricht, Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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gefangen gesetzt, wo sie von dem Ritter Benfield sehr hart behandelt
wurde. Ja die Bosheit heimlicher Feinde ging so weit, daß sogar drei
Meuchelmörder abgeschickt wurden, sie zu tobten, diese aber, als sie in's
Zimmer zu ihr traten, ließen die Dolche fallen und erklärten, „ohne schrift-
lichen Befehl der Königin würden sie nimmermehr ein so liebenswürdiges
Geschöpf umbringen." Elisabeth schrieb darauf einen beweglichen Brief
an die Königin, welcher Philipp Ii. so rührte, daß er ihre Loslafsung
bewerkstelligte. Die Freude des Volkes darüber war groß, und Maria
war nun wohl genöthigt, da sie sah, wie auch der ganze Hof und das
Parlament der Elisabeth geneigt waren, sie als königliche Schwester zu
behandeln. Sie erhielt demnach das Schloß Herfield mit einem anstän-
digen Hofstaate und wurde später, da Maria'ö Ehe kinderlos war, sogar
zur Prinzessin von Wallis (oder Thronfolgerin) ernannt. Mitten unter
diesen günstigen Ereignissen traf sie die Nachricht, daß Graf Dev onshire
plötzlich (man glaubt, am Gifte) zu Gent gestorben sei. Er hatte noch
kurz vor seinem Tode der Prinzessin in einem zärtlichen Briefe sein letztes
Lebewohl gesagt, und Elisabeth beklagte ihn, ohne ihre edle Neigung zu
verhehlen; ja sie schlug den Antrag zweier Prinzen, die kurz darauf um
ihre Hand baten, mit der Aeußerung aus: „nie sei ein Mann es so werth
gewesen, von einer Prinzessin geliebt zu werden, als Devonshire."
Weit unglücklicher als sie war die Königin Maria, die Katholische,
welche wegen der unerhörten Grausamkeiten, die wohl meist ohne ihr Wissen
geschahen, den Haß der ganzen Nation auf sich geladen hatte und die
Zeichen desselben bei jeder Gelegenheit wahrnehmen mußte, überdieß aber
von ihrem Gemahle, den sie aufs Zärtlichste liebte, erst vernachlässigt und
endlich gar verlassen wurde. Er war es müde, nur als Gemahl einer Kö-
nigin in England zu leben, und begab sich nach den Niederlanden, wo er
bis an den Tod seiner Gemahlin blieb, der schon im I. 1558 nach langen
Leiden des Körpers und der Seele erfolgte.
Nun wurde Elisabeth im Triumphe nach London geführt und so-
wohl vom Parlamente als auch vom ganzen Volke zur Königin ausgerufen.
Sobald sie den Thron bestieg, machte sie allen Höfen ihren Regierungs-
antritt bekannt, und von allen wurde sie mit Glückwunschschreiben als Kö-
nigin von England begrüßt. Sogar König Philipp, der sich nach dem
Tode seiner Gemahlin in sein Erbkönigreich Spanien begeben hatte, ließ
sie durch seine Gesandten bewillkomnien, ihr aber auch zugleich seine Hand
anbieten. Auf diesen Antrag erwiederte Elisabeth: „Ich bin dem König
von Spanien so große Verbindlichkeiten schuldig, daß ich unmöglich glauben
kann, dieselben durch diese kleine Hand zu vergüten." Dieß war die einzige
Antwort, die sie dem Gesandten gab, der eine bestimmte Erklärung wünschte,
woraus freilich nicht das beste Vernehmen zwischen ihr und Philipp er-
folgen konnte. Allein ihr richtiger Blick in die Angelegenheiten Europa's
und Englands überzeugte sie, daß ein Bündniß mit Spanien für ihr Land