1848 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Neudecker, Chr. Gotth., Schröer, Tobias Gottfried
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Privatunterricht, Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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tige Monarchen immer mehr gehoben und in Aufnahme gebracht werden
konnte. Die Kurfürsten waren, wie zum Theil schon erwähnt worden ist,
treffliche Feldherren und leisteten als solche den Kaisern im Türkenkriege in
der That wesentliche Dienste; allein für ihr eigenes Land sorgten sie weniger
thätig, ja sie waren die Ersten, welche das verderbliche Beispiel König Lud-
wig's Xiv. und dessen schwelgerisches Hofleben in Versailles nachahmten.
Dadurch litt der Neichthum des Landes, die biedere Gesinnung des Adels
und selbst die Reinheit der Sitten bei den unteren Standen nicht wenig
Schaden. Dieß zeigte sich zuerst als Kurfürst Friedrich August auf den
königlichen Thron Polens gelangte. In diesem Reiche waàach dem Ab-
sterben des Hauses Wasa das Wahlrecht der Nation wieder eingetreten.
Kriegerische Könige, wie Michael Koribut und Johann Sobieski
bestiegen den Thron, vorzüglich war es der zuletzt genannte, der den Ruhm
seiner Krone durch glänzende Siege über die Türken, welche über die Mol-
dau bis an die polnische Grenze vorgedrungen waren, und durch den glor-
reichen Entsatz von Wien verherrlichte. Nach Sobieski's Tode im I.
1697 wurde der Kurfürst August Ii. von Sachsen von mehren Thron-
candidaten, nachdem der polnische Reichstag lange verhandelt hatte und
August zur katholischen Kirche übergetreten war, — zum Könige erwählt.
Der Kurfürst hatte diese Krone im eigentlichsten Sinne des Wortes gekauft,
denn die Bestechung der Deputirten hatte ihm große Summen gekostet und
der Republik hatte er gleich nach der Wahl >,666,666 Thaler auszahlen
müssen. Ueberhaupt war er nach allen Seiten hin so beschränkt, daß er
für seinen Uebertritt, für sein Geld und für andere Opfer, die er brachte,
nur die Ehre erlangte, König zu heißen. Aber auch um diese Ehre sollte
er bald kommen; denn der schwedische König Karl Xii., der ihn persönlich
haßte, machte einen Einfall in das Königreich Polen, veranlaßte einen
Theil der Stände im I. 1705 den Starosten Stanislaus Lesczynski
zum Könige von Polen auszurufen, fiel dann in das Erbland August's
ein und nöthigte denselben in dieses zurückzueilen. August vermochte nichts
gegen das militärische Genie seines Gegners und mußte die polnische Krone
dem Stanislaus abtreten. Erst nachdem Karl Xii. im I. >709 von
den Russen bei Pultawa geschlagen worden war, gelang es ihm den pol-
nischen Thron wieder einzunehmen, sein Gegner Stanislaus Lesczynski
aber mußte das Reich verlassen.
Jetzt war die Regierung August's Ii. friedlicher, aber seine be-
schränkte Macht hinderte ihn, für das Wohl Polens zu wirken. Die Je-
suiten übten ihren ganzen verderblichen Einstuß auf das Land, streuten Re-
ligionshaß in die jungen Gemüther und lockten durch ihre Ueberredungskunst
die Angesehensten vom Adel zur katholischen Kirche zurück. Dadurch er-
langten die Katholischen auf dem Reichstage bald das Uebergewicht, und bald
erfolgten auch neue Gesetze, welche die Gewissensfreiheit beschränkten. Weil
die Bürger der Städte bei dem Evangelium am treuesten beharrten, hielt