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1. Neuere Geschichte - S. 328

1848 - Leipzig : Brandstetter
328 die mehr einem flüchtigen als siegreichen Heere ziemte; sie hatte hauptsäch- lich darin ihren Grund, daß die Russen alles Land auf ihrem Rückzuge verheerten und allen Vorrath mit sich nahmen, so daß für die ermüdete Armee nirgends Rast und Erquickung, für die vielen Tausende Verwun- deter nirgends eine Unterkunft zu finden war. In Moskau hoffte die fran- zösische Armee Ersatz für alle Beschwerden zu erhalten, und Napoleon rechnete darauf, dort den Frieden dictiren zu können. Am 14. September langten die Franzosen in dieser Hauptstadt an, fanden sie aber beinahe eben so öde und verlassen, wie die Dörfer auf der Straße dahin, denn von einer Bevölkerung von 300,000 Menschen waren kaum 30,000 zurückge- blieben', die Häuser meist verschlossen, und kein Magistrat, keine Behörde fand sich ein, die Sieger zu begrüßen. Napoleon erlaubte den Soldaten die Plünderung der Stadt, doch das Rauben wurde bald durch ein furcht- bares Ereigniß unterbrochen, indem an mehr als hundert Stellen der Stadr Feuer ausbrach, das bald furchtbar wüthete. Da der russische Gouverneur auch die Löschwerkzeuge mitgenommen hatte, konnte man der furchtbaren Feuersbrunst nicht wehren, der größte Theil der Stadt brannte nieder, und die Soldaten, anstatt eine Herberge zu finden, mußten wieder auf das leere Feld hinausziehen und sich im Freien lagern. So unermeßlich auch die Beute war, die sic an allerlei kostbaren Stoffen machten, war doch in der ganzen Stadt an den nöthigsten Lebensmitteln, an Brod und Fleisch kaum so viel aufzufinden, als für die Truppen wahrend ihres Aufenthaltes vom k4. September bis 17. October erforderlich war. Noch hätte sich das Heer retten können, wäre es gleich in den ersten Tagen zurückgckehrt, allein Napoleon schickte Gesandte mit Friedensanträgen an den russischen Ge- neralissimus Kutusow, und dieser hielt den Feind mit vielem Geschicke vier Wochen lang hin, bis die größte Noch die Franzosen zwang, aufzu- brechen und den Rückzug anzutreten. Zu gleicher Zeit setzte sich auch das russische Heer in Bewegung. Bei Iaroslawez kam es zu einer Schlacht, in welcher die verzweifelten Franzosen zwar siegten, ohne jedoch dadurch ihre Lage zu verbessern; denn zu gleicher Zeit trat eine furchtbare Kälte ein, welche die Noch der Franzosen auf das Höchste steigerte. Die Pferde, gleich Gerippen ausgehungert, fielen zu Tausenden hin, Tausende wurden ge- schlachtet und von den Hungrigen verzehrt. Nun blieben die Kanonen auf der Straße liegen. Hunger, Kälte und Müdigkeit rafften täglich mehr Menschen, als eine Schlacht dahin, und die Straße von Kaluga bis Smo- lensk war mit Leichen übersäet. Ehe noch die Unglücklichen diese Stadt erreichten, hatten schon die Meisten die Waffen weggeworfen; die, welche nach Smolensk kamen, stürzten sich auf die daselbst aufgehäuften Vor- räthe, um sich zu sättigen. Diese Vorräthe bestanden meist aus Mehl, das sie oft gierig verschlangen, ohne zu warten, bis es zu Brod gebacken worden war. Am '2 7. November kam der Rest der großen Armee, nicht mehr als 40,000 Mann, im schrecklichsten Zustande — in Lumpen gehüll-
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