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1. Neuere Geschichte - S. 344

1848 - Leipzig : Brandstetter
344 behielt, hatte Frankreich nun drei mächtige Parteien — Anhänger der be- stehenden Regierung, Anhänger der vertriebenen Bourbons und endlich die alten Republikaner. Diese Parteien bekämpften sich unaufhörlich durch Schriften und Reden und hielten auch dadurch Frankreich in einer großen Spannung, die den Ausbruch einer furchtbaren Erschütterung voraussehen ließ. Hatten aber die hier angedeuteten Umstände schon Veranlassung zu vielen Bewegungen unter der Regierung Ludwig Philipp's gegeben, so darf man dabei auch die vernachlässigte häusliche Erziehung der Jugend nicht unberücksichtigt lassen, sofern jene die Jugend zu frühzeitig von dem Ge- horsame und der Abhängigkeit entbindet. Wie widrig ist es doch, an der Spitze von Aufständen Knaben und Zöglinge der öffentlichen Schulen zu sehen! Dagegen ist es auch außer Frage, ja es muß rühmend anerkannt werden, daß der Sinn für die Erhaltung der Freiheit Frankreich groß macht, daß die französische Nation das Ungemach eines immerwährenden Kampfes einem Zustande vorzieht, in welchem es durch willkürliche Oberherrschaft in der Entwickelung eines naturgemäßen und kräftigen Lebens gehemmt wird. Hierin liegt auch der Grund, daß Frankreichs Volk mit Muth und Kraft den Schild erhebt, wenn es gilt, die höchsten Güter der Menschheit zu wahren — die Freiheit des religiösen Glaubens, Gleichheit vor dem Ge- setze, Würdigung des Verdienstes ohne Berücksichtigung des Standes und endlich das freie Wort im Leben und in der Schrift. Ueber die Sorge für das allgemeine Wohl, bei dem Antheile des fran- zösischen Volkes an den öffentlichen Angelegenheiten, wurde freilich schon seit der großen Revolution das Familienleben so gewaltsam vernachlässigt, daß eine Zeit folgen mußte, in der sich der Vater wieder zu seiner Familie, der Sohn wieder zu seinen Eltern fand. Sie stellte sich nach dem Jahre 1830 merklich ein, so daß schon nach einigen Jahren der glaubwürdige französische Schriftsteller Souvestre sagen konnte: „Die Revolution hat das große Resultat gehabt, alle Familienbande, indem sie diese zu sprengen suchte, enger zusammenzuschließen. Wir haben zehn Jahre mitten unter unseren Schwestern, unseren Frauen, unseren Kindern wie Schiffbrüchige gelebt, welche die letzte Woge erwarten, die sie fortzureißen droht; die Dauer der Gefahr hat es uns zur Gewohnheit gemacht, Herz an Herz zu schließen. Und fürwahr, wie hätten jene großen Krisen nicht all' unsere Anhänglichkeit erwecken sollen? Der Ueberdruß und das Grausen des öffent- lichen Lebens riefen eine Reaction im Privatleben hervor. Nach den nutz- losen Revolutionen, den lügnerischen Programmen, den leeren Aufregungen, war es unmöglich sich länger vom Heerde der Familie fern zu halten. An was sollte man sich anschließen, nachdem einmal der Glaube tobt war, wenn nicht an die Gefühle; und wenn alle Parteien euch betrogen hatten, mußte man nicht da endlich seine Frau und seine Kinder in's Herz schließen und ausrufen: Alles ist in diesen!" Welchen Fortschritt die Humanität in Frankreich gemacht hat, zeigt sowohl die Julirevolution, als auch eine nochmalige Staatsumwälzung, die beinahe 18 Jahre später eintrat; in beiden Revolutionen zeigte das Volk
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