1827 -
Breslau
: Max
- Autor: Nösselt, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Privatunterricht, Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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endlich einen ordentlichen Hofstaat einrichtete und gar so keck war,
den Kaiser Rudolph vor sich zu fordern. Dieser hatte Anfangs
über die Mummerei gelacht; aber nun mußte er Ernst zeigen. Er
ging schnell auf ihn los, und belagerte ihn in Wetzlar. Die Bür-
ger dieser Stadt fürchteten sich vor Rudolph, und lieferten den
Betrüger aus, der nun auf dem Scheiterhaufen seine kurzgenos-
sene Ehre büßte. — So mußte Rudolph manchmal, ganz ge-
gen seine Natur, mit Harte verfahren. Das geschah auch gegen
die unzähligen Raubritter, die trotz aller seiner Verbote die Rei-
senden überfielen und die Schwächeren bekriegten. So ließ er ein-
mal in Einem Monat 66 Raubschlöffer zerstören, und alle Ge-
fangene nach Erfurt bringen, wo die Edelleute enthauptet, die
Gemeinen aber aufgehenkt wurden. Das half; im ganzen Reiche
zitterten die Ungehorsamen vor seiner schnellen und strengen Ge-
rechtigkeit.
Ein Beispiel von seiner klugen Besonnenheit gab er in Er-
furt. Als er hier zu Gericht saß, trat auch ein Kaufmann aus
Lübeck vor ihn, und klagte: er habe einem Gastwirthe in Er-
furt, den er für einen ehrlichen Mann gehalten, einen Beutel mit
Gold zum Aufheben gegeben; jetzt da er ihn wiederhaben wolle,
leugne der Mensch Alles ab. Der Kaiser ließ den Gastwirth ho-
len, der keck vor ihn hintrat, und hoch und theuer versicherte,
er habe weder das Gold empfangen, noch kenne er den Kauf-
mann. Rudolph merkte aber bald an dem ganzen Benehmen
Beider, wer der Betrüger seyn mochte. Wie von Ungefähr sprach
er zum Gastwirthe: „Ey! du hast ja da einen recht herrlichen
Beutel an deinem Gürtel hängen!" Wirklich war dieser Beu-
tel, nach damaliger Sitte, mit silbernen Franzen und Ringen
schön verziert. Der Gastwirth nahm ihn geschwind ab, freute sich,
etwas zu haben, was dem Kaiser gefiele, und machte ihm ein
Geschenk damit. Indessen kam ein Diener herein, der dem Kai-
ser etwas ins Ohr sagte; das benutzte dieser, in ein Nebenzimmer
zu treten, und hier schickte er einen Boten nach des Wirthes Frau,
der ihr im Namen ihres Mannes sagen sollte, sie möchte doch
einmal den bewußten Beutel mit dem Golde mitschicken; zum
Zeichen, daß diese Bestellung vom Manne selbst käme, sollte er
nur den gestickten Beutel vorzeigen. Das gelang. Die Frau ver-
Weltgeschichte für Töchter. Ii. 10