1822 -
München
: Lentner
- Hrsg.: Wiedemann, Georg Friedrich
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Katholische Schule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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Früh strömte das schaulustige Volk in die Rennbahn.
Auf einmal drangen gerüstete Schaaren von allen Seiten
herein, verschlossen die Zugänge, und tödteten die Fremd-
linge wie die Bürger, die Schuldlosen wie die Schuldi-
gen. Man sagt. daß gegen sieben Tausend ermordet
wurden, und daß dieses Metzeln drey Stunden gedauert
habe. Als die Nachricht von der ungeheuren That in
Mailand bekannt ward, ergriff alle Gemüther Trauer und
Abscheu. Besonders fühlte Amb rosius sich durch den
Frevel des von ihm so geliebten Kaisers, von dessen ed-
lem Herzen und lauterer Frömmigkeit er so oft seine
Amtsgenossen unterhalten hatte, im Innersten angegrif-
fen. Er begab sich daher auf das Land, und schrieb von
da an Theodosius einen ausführlichen Brief, aus dem die
Ehrerbiethung des Unterthans, die Freymüthigkeit des
Bischofs und die Liebe des Freundes auf gleich schöne
Weise hervorleuchteten. Der Hauptinhalt desselben gittg
dahin, daß der Kaiser sich durch öffentliche Buße mit
Gott versöhnen sollte. „Thue deine Sünde von dir —
schrieb er ihm — indem du deine Seele vor Gott demü-
thigest. Ohne Thränen und Buße thut man die Sünde
nicht von sich. Kein Engel vermag sie von dir zu neh-
men, kein Erzengel! Das kann nur der Herr, Er, der
allein sagen kann: Ich bin bey euch! Haben wir ge-
sündiget, so erläßt Er uns die Sünde, aber nur — wenn
wir Buße thun." Der Kaiser war später, als Ambro-
sius, nach Mailand zurückgekommen. Der Erzbischof
war hier eben in der Kirche, als ihm gemeldet ward, der
Kaiser komme. Da ging er hinaus, diesem entgegen, und
sprach zu ihm: „Es scheint, o Kaiser! daß du die Größe
des Mordes, den du begangen hast, nicht einsiehst, selbst
jetzt nicht, da dein Zorn sich gelegt hat. Vermuthlich
steht deine Macht und Hoheit der Erkenntuiß deiner Sün-
de entgegen, und verdunkelt deine Vernunft. Betrachte
die Gebrechlichkeit und Hinfälligkeit der menschlichen Na-
tur! Senke deinen Blick aus den Erdenstaub, aus dem