1849 -
Münster
: Coppenrath
- Autor: Welter, Theodor Bernhard
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Römische Antike
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
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auf freie und von den Patrieiern ganz unabhän-
gige Wahl ihrer Vertreter, um nicht den heiligen Schutz
der Tribunen durch Eiufluß der Patricier auf deren Wahl un-
kräftig zu sehen; drittens: auf Sicherheit und Öffentlichkeit des
Rechts durch geschriebene Gesetze. Mit List und Gewalt
kämpften die Patricier gegen diese Forderungen an. Eigennutz
und Hochmuth verblendete sie über ihre und des Volkes Kraft.
Das Erste, was neue (Währungen vcranlaßte, war das A ck e r-
g e se tz ; und es ist auffallend, daß selbst ein Patricier, und zwar
der Cónsul Spurius Cassius hiedurch ein Verräther an seinem
eigenen Stande wurde. Es war nämlich Sitte bei den Römern,
den von ihnen besiegten Völkern nie den Frieden zu gewähren,
ohne ihnen einen Theil des Landes zu nehmen, welches sie dann
zu ihrem Gebiete schlugen. Von diesem, Staatseigenthum ge-
wordenen, Lande (ager publicus) wurde gewöhnlich ein Theil
den ärmeren Einwohnern Roms geschenkt; der größere Theil
aber den Patriciern zur eiustweiligen Besitznahme überlassen,
unter der Bestimmung der Abgabe des Zehnten. Es betrachteten
die Patricier dieses Recht der Besitznahme, besonders seit den
Zeiten der Republik, als eine Entschädigung für die Versäumniß
durch die Magistraturen, zu welchen sie allein berufen waren;
und sie wußten sich auch bald der Abgabe des Zehnten zu ent-
ziehen. So hatten demnach die Patricier den Hauptvortheil von
jenen Kriegen, die doch hauptsächlich durch den Arm des Volkes
geführt und gewonnen wurden. Da trat nun im Jahre 486
der ehrgeizige Cónsul Sp. Cassius Viscellinus mit dem
Vorschläge auf, daß ein Theil von diesem Gemeinlande auch
armen Plebejern überwiesen werde. Dieser Vorschlag (lex Cas-
sia agraria) ward von den Patriciern als ein Verrath an ihren
Rechten angesehen und dem Urheber desselben der Untergang
geschworen; nur wollte man das Ende seines Consulats abwar-
teu. Der Senat selbst verfuhr mit unedler List. Um Aufschub
zu gewinnen, verordnete er, daß zehn Männer ernannt würden,
die sich mit der Ausführung jenes Gesetzvorschlages beschäftigen
sollten. Sobald aber das Consulatjahr des Cassius abgelaufen
war, wurde er bei der Curieugemeinde als Hochverräther, der
die bestehende Verfassung stürzen und sich zum Alleinherrscher
aufwerfen wollte, angeklagt und verurtheilt. Auch das Volk