1849 -
Münster
: Coppenrath
- Autor: Welter, Theodor Bernhard
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Römische Antike
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
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der Wolga bis zum Rhein erstreckt hatte. Die deutschen Völker,
welche bisher von den Hunnen abhängig oder mit ihnen ver-
bunden gewesen waren, wurden wieder frei und behaupteten sich
in festen Wohnsitzen; die Überreste jener Barbaren aber wurden
bis zum schwarzen Meere zurückgedrängt.
Das weströmische Reich bestand fast nur noch aus Italien,
und auch dieses eilte mit schnellen Schritten seinem Untergange
zu. Der Kaiser Valentinian ermordete mit eigener Hand den
Aütius, die letzte Stütze des Reiches, aus Furcht vor der Größe
dieses Mannes. Valentinian wurde wieder auf Anstiften des
Senators Petronius Marimus, dessen häusliche Ehre der feig-
herzige Wollüstling geschändet hatte, durch zwei Freunde des
Aetius öffentlich auf dem Markte ermordet. Nach Valentinian,
in dem kurzen Zeiträume von zwanzig Jahren, regierten noch
neun Kaiser, aber fast nur dem Namen nach: denn die eigent-
liche Gewalt übten die Feldherrn der Barbaren, die das Reich
in seinem Dienste hielt. Zunächst bemächtigte sich
Mari mus (455) des Thrones und zwang des Ermor-
deten Wittwe, Eudoria, seine Gemahlin zu werden. Um sich
den Händen des Mörders ihres Gemahles zu entwinden, rief
sie heimlich den Vandalenkönig Geiserich aus Afrika herüber.
Wie im Fluge erschien dieser mit einer großen Flotte im Hafen
von Ostia. Nom gerieth bei der unvermutheten Landung des
Königs in Furcht und Schrecken. Marimus, der sich durch
die Flucht retten wollte, wurde in den Straßen Roms von dem
erbitterten Volke gesteinigt, und seine Leiche verstümmelt in die
Tiber geworfen. Als die Römer sahen, daß jede Vertheidigung
unmöglich sei, hielten sie es für besser, den Feind durch Unter-
werfung zu entwaffnen, als durch einen unnützen Widerstand zu
erzürnen, und sprachen deshalb die Vermittlung des heiligen
Vaters an. Und noch einmal nahm der Papst Leo seinen Hir-
tenstab, wallfahrte, wie damals dem Hunnen, so jetzt dem Van-
dalen entgegen und bat flehentlichst, die unglückliche Stadt vor
Feuer und Schwert zu verschonen. Der Vandale versprach es
und hielt Wort, so gut er konnte. Es war am 25. Juni des
Jahres 455, als er einzog. Es floß kein Blut, es loderte keine
Flamme auf; aber vierzehn schreckliche Tage und Nächte hindurch
währte die Plünderung. Alle Kunstschätze und Kostbarkeiten, die