1840 -
Münster
: Coppenrath
- Autor: Welter, Theodor Bernhard
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
80
23. Elisabeth. 1558 — 1603.
Unter der glorreichen Regierung dieser Königin schwang sich
England, welches früher nur einer der untergeordneten Staaten
Europas gewesen war, zu einem der ersten desselben empor. Die
Ruhe, die sie beinahe ein halbes Jahrhundert hindurch in ihrem
Reiche erhielt, wahrend innere Zwietracht die benachbarten Natio-
nen zerrüttete, ließ dassebe schnell emporblühen, und die vielen
glücklichen Kriege, die sie mit den ersten europäischen Machten
führte, gaben der Welt einen hohen Begriff von ihrer Macht zu
Wasser und zu Lande. Sie war von der Natur mit großen
Fähigkeiten begabt, die unter geschickten Lehren sorgfältig entwickelt
worden waren. Zu solchen Vorzügen des Geistes gesellten sich
auch manche des Körpers und wurden durch jene noch mehr geho-
den. Ihr Charakter aber war ein sonderbares Gemisch von Tu-
genden und Fehlern. Gegen das gemeine Volk war sie äußerst
leutselig und herablassend und suchte auf alle Art die Gunst des-
selben zu gewinnen. Leute aus den niedrigsten Standen hatten
zu allen Zeiten freien Zutritt zu ihr, weder ihre Zudringlichkeit
noch ihre rohen Sitten schienen sie zu beleidigen. Sie nahm
ihre Bittschriften mit vergnügter Miene an, dankte ihnen für ihre
Versicherung von Anhänglichkeit und ließ sich mit ihnen in's Ge-
spräch ein, so daß Jeder mit der größten Bewunderung seine Kö-
nigin verließ. Gegen die Großen des Reiches aber trat sie mit
stolzer Würde auf, um ihnen den Abstand recht fühlbar zu ma-
chen. Von dem Gepränge, mit welchem sie öffentlich auftrat,
erzählt ein Zeitgenosse, der sie sah, wie sie sich eines Sonntages
aus ihren Gemächern in die Kapelle begab: „Zuerst erschien eine
Menge Edelleute, Grafen, Barone und Ritter; dann kam der
Kanzler mit den Siegeln zwischen zwei Lords, die Schwert und
Scepter trugen. Ihm folgte Elisabeth, und wohin sie blickte,
fielen die Anwesenden auf ihre Kniee. Hinter ihr kam ein langer
Zug weiß gekleideter junger Damen, und zu beiden Seiten stand
eine Reihe Edelleute in reichen Uniformen und mit vergoldeten
Streitäxten.^ Sie war überhaupt sehr eitel und herrisch; selbst