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1. Geschichte der neueren und neuesten Zeit - S. 274

1840 - Münster : Coppenrath
274 — Am 26. December wurde der König nebst seinen Sachwal- tern vorgeladen. Ehe sie m dem Saale erscheinen konnten, muß- ten sie eine Zeitlang im Vorzimmer warten; sie gingen in dem- selben auf und ab. Ein Deputirter, der vorüberging, hörte Ma- lesherbes in der Unterredung mit seinem erhabenen Schützlinge sich der Titel: „Sire! Ew. Majestät!" bedienen und fragte finster:,, Was macht Sie so verwegen, hier Worte auszusprechen, die der Con- vent geachtet hat?" „Verachtung des Lebens!" antwortete der ehrwürdige Greis. — Dann wurden sie in den Saal gelassen. Malesherbes konnte vor Rührung nicht sprechen; da trat der feu- rige Deseze auf und vertheidigte seinen König mit so bewunde- rungswürdiger Kraft und Gewandtheit, daß, wäre nicht schon langst der Tod des Königes von der Rotte der Jakobiner beschlos- sen gewesen, jetzt seine'rettung hatte erfolgen müssen. Nachdem Defeze geendigt hatte, trat Ludwig selbst auf und sprach mit vie- ler Fassung einige eindringende Worte; dann wurde er in's Ge- fangniß zurückgebracht. , Jetzt entstand wieder eine stürmische. Bewegung im Con- vente. Das Mordgeschrei der Jakobiner tönte rings um den Saal, an allen Thüren, an allen Fenstern; von der Gallerie her- unter brüllte dumpf das Gesindel nach: „Tod! Tod!" und fun- kelte Jeden mit drohenden Augen an, der es wagte, für die Ret- tung des Königes zu sprechen. Ein Jakobiner, ein ehemaliger Fleischer, verlangte sogar, den König in Stücke zu hauen und in jedes Departement ein Stück zu versenden! Der Kampf der Par- teien über die Art und Weise der Verurtheilung wahrte mehre Tage und Nachte hindurch fort; das bestehende Gesetz, nach wel- chem ein Angeklagter nur durch zwei Drittel der Stimmen ver- urtheilt werden konnte, wurde aufgehoben und bloße Simmen- mehrheit festgesetzt. Nach diesen und ähnlichen Handlungen der empörendsten Ungerechtigkeit wurde der König endlich am 17. Ja- nuar 1793 durch eine Mehrzahl von 5 Stimmen (von 366 ge- gen 361) zum Tode verurtheilt. Malesherbes überbrachte wei- nend ihm zuerst die Trauerbotschaft. Ludwig blieb gefaßt und antwortete ruhig: „Nun gut, so bin ich doch nicht langer in
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