1840 -
Münster
: Coppenrath
- Autor: Welter, Theodor Bernhard
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Man konnte nicht hoffen, daß die Königin ihren Gemahl
lange überleben würde, denn sie war bei dem Pöbel noch mehr
als er der Gegenstand des Hasses. Am 16. October 1793 wurde
Maria Antoinette, die einst allgebietende Königin von Frankreich,
Maria Theresia's Tochter, Schwester zweier Kaiser und eines lebenden
Kaisers Muhme, wie eine gemeine Verbrecherin, mit gebundenen Hän-
den, auf einem Karren nach dem Richtplatze geführt. Auf dem Blut-
gerüste warf sie nur noch einen wehmüthigen Blick auf die Tui-
lerien und empfing dann mit Ergebung in den Willen Gottes
den Todesstreich. Dasselbe Schicksal hatte.am 4. Mai 1794
Ludwig's tugendhafte Schwester, die Prinzessin Elisabeth.
Mit der Ruhe einer Heiligen stand sie am Fuße des Schaffots,
wartend, bis fünf und zwanzig Andere vor ihr hingerichtet waren.
Das traurigste Loos aber traf den kleinen Dauphin. Der herrliche
Knabe, weit entfernt, gefährlich zu sein, war nicht einmal zu ei-
ner Beleidigung fähig. Dennoch beschloß man den Tod dieses
unschuldigen Kindes, und zwar durch ein Mittel, gegen welches
gewöhnlicher Mord eine Handlung des Mitleids ist. Der un-
glückliche Prinz wurde früh den Armen seiner Altern entrissen
und dem verworfensten Bösewichte übergeben, den die Gemeinde
von Paris unter der Rotte der Jakobiner finden konnte. Simon
hieß dieser Elende, ein Schuster, der, als man ihm das Kind
gab, mit grinzender Miene fragte: „Was beschließt Ihr über
den jungen Wolf? Ec wurde zum Hochmuthe erzogen, ich aber
werde ihn schon mürbe machen; desto besser, wenn er daran kre-
pirt! ich stehe nicht dafür. Überhaupt was will man? Ihn au-
ßer Landes schicken? — Nein. — Ihn einkerkern. — Nein.
Was denn aber? . . . . " Man wolle ihn bei 'Seite schaffen.
— So gelang es diesem Ungeheuer, durch eine Reihe der gröb-
sten Mißhandlungen, Prügel, Frost, Schlaflosigkeit, Hunger und
Entbehrungen jeder Art, kurz durch die empörendsten Mittel diese
zarte Blüte zu knicken. Der Dauphin starb am 8. Juni
1795, erst 10 Jahre alt. — Glücklicher war Ludwig's Tochter,
nun der einzige noch übrige Sprößling dieser unglücklichen Familie.
Sie wurde am 19. December 1795, gerade an ihrem fiebenzehn-