1846 -
Münster
: Coppenrath
- Autor: Welter, Theodor Bernhard
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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lange, als könnte und dürfte er um Alles in der Welt nicht das
wichtige Geheimniß mit dem Pferde verrathen. „Nein, ich bitte
euch, — schrie er, — tödtet mich nur lieber aus der Stelle."
Um so neugieriger wurden die Trojaner. Mit Bitten ünd Ver-
sprechungen drangen sie in ihn. Endlich schien es ihm der geeig-
nete Zeitpunkt zu sein, und er fing seine lügenhafte Erzählung an.
„Hört, — sprach er, — die Griechen schissen jetzt, wie ihr wisset,
nach Hause. Für eine glückliche Heimkehr ist aus Befehl des
Priesters dieses Pferd gezimmert als Sühnungsgeschenk für die
beleidigte Schutzgöttin eurer Stadt, deren Bildniß Ulysses und
Diomödes einst frevelmüthig euch entwendet haben. Kommt das
Pferd unverletzt in eure Stadt, so wird sie nach dem Ausspruche
des Priesters unüberwindlich sein und ringsum die Völker be-
herrschen. Das eben wollten eure Feinde verhindern und baueten
es absichtlich so groß, damit es nicht durch die Thore gehe." So
und noch Mehres sprach der listige Grieche. Die Trojaner glaubten
seinen gleißenden Worten und ließen vor geschäftiger Eile ihn kaum
ausreden. Eiligst werden Räder unter dem Pferde angebracht, über-
all Stricke an demselben befestigt, und nun spannet sich Alles da-
vor. Männer, Weiber, Kinder, Alle wollen ziehen helfen. Wer
nicht so glücklich ist, die Stricke mit anzufassen, schließt sich an
die langen Reihen der Knaben und Mädchen, die schön geschmückt
zu beiden Seiten gehen und feierliche Lieder singen. Das Pferd
kann nicht durch's Thor kommen! Und augenblicklich sind Einige
bei der Hand, die dieses sammt einem Theile der Stadtmauer
niederreißen. Jubelnd und frohlockend geht nun der lange Zug
durch die Straßen nach der Burg hin. Hier, vor dem Tempel
der Göttin, wird das Wnnderthier feierlich ausgestellt, damit es
Jeder sehen und sich desselben erfreuen könne.
Fröhlich war der Tag, aber schrecklich die darauf folgende
Nacht. Während Alles im tiefen Schlafe lag, schlich Sinon zu
dem Pferde, öffnete leise die Thüre, und die geharnischten Männer
stiegen aus dem Bauche hervor. Sie gehen nach den Stadtthoren.
Die Wächter schlafen. Diese werden niedergehauen, die Thore