1846 -
Münster
: Coppenrath
- Autor: Welter, Theodor Bernhard
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Es gab in Griechenland der Orte sehr viele, wo Orakel
ertheilt wurden. Unter diesen war zu Dodöna in Eplrus das
älteste. Hier, sagt die Fabel, ließ stch eine schwarze Taube aus
Ägypten nieder und verkündigte von einer hohen Eiche herab mit
menschlicher Summe, daß Zeus, dem obersten der Götter, ein
Orakel errichtet werden solle. Die Einwohner von Dodona ge-
horchten dieser Weisung und erbaueten einen Tempel. Aus dem
geheimnißenvollen Rauschen des Windes durch die Gipfel uralter
Eichen und aus den verschiedenartigen Tönen eherner Becken, die,
frei neben einander gehängt, vom Winde wunderbar geläutet wur-
den, deutete man den göttlichen Willen.
Nicht fo alt, aber weit berühmter, ja das berühmteste Orakel
in ganz Griechenland war zu Delphi. Dieser Ort lag in der
Mitte Griechenlands, am Fuße des Berges Parnaß und galt zu-
gleich für den Mittelpunkt der ganzen Erde. Am Abhange des
Berges war eine schauerliche Kluft, aus welcher fortwährend ein
starker Dampf aufstieg, der Menschen und Thiere betäubte. Die
ringsum furchtbar sich thürmenden Felsen und Berggipfel, der
Wiederhall, den man von allen Seiten vernahm, gaben schon dem
Orte ein höheres Ansehen und erfüllten das Gemüth mit geheim-
nißvollen Schauern. Hier weidete einst— so geht die Sage—-
ein Hirt seine Ziegen. Und so wie diese stch der Kluft näherten,
machten sie wunderliche Sprünge und Bewegungen. Erstaunt
ging der Hirt selbst hinzu. Auch er erfuhr an sich die nämliche
Wirkung; er taumelte und stieß unverstämliche Worte aus. Das
Gerücht von diesem Vorfälle zog viele Neugierige aus der Um-
gegend herbei, und bald stand der Glaube fest, hier habe der Gott
Apollo seinen Wohnsitz aufgeschlagen und ertheile aus jener geheim-
nißvollen Kluft, die seinen Odem ausströme, Winke für die Zukunft.
Die Einwohner von Delphi baueten alsbald dem nahen Gotte
einen Tempel, setzten Priester zu seinem Dienste ein und lockten
selbst aus den entferntesten Gegenden Menschen herbei. Sobald
nun derjenige, welcher stets hier Raths erholen wollte, die üblichen
Geschenke für den Gott dargebracht und die Punkte, über welche
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