1850 -
Regensburg
: Manz
- Autor: Höfler, Constantin
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Griechische Antike, Römische Antike
- Inhalt: Zeit: Antike
26
Die chamitifchen Reiche. Aegypten.
0.
Aegypten (Mizraim).
1. Geographische Ansicht.
Das Nilthal bis Syene, welches die Alten unter Aegyp-
ten verstanden, etwa 112 geogr. M. lang, wird auf beiden
Seiten des Flußes von zwei Gebirgen eingeschlossen, von denen
das westliche den Damm gegen die libysche Wüste bildet, das
östliche sich in vielfachen Verzweigungen bis zum rothen Meere
erstreckt. Die Querthäler des westlichen Gebirgszuges führen
zu der großen und kleinen Oase der Sahara. Das Thalland
selbst verdankt seine Fruchtbarkeit dem Nile und dessen Ueber-
schwemmungen, welche vom Anfänge Augusts bis Ende Okto-
bers dauern. Dadurch erlangte der Boden, welcher der Be-
fruchtung durch den Nilschlamm ausgesetzt ist, eine außerordent-
liche Ergiebigkeit. Gleicht im Sommer Aegypten einem See,
so entwickelt der Winter nach dem Ablaufe des Wassers eine
entzückende Vegetation. — Der Himmel ist fast ununterbrochen
klar, weniger tiefblau als weißlich, das Sonnenlicht grell, und
vor den versengenden Strahlen fast nirgends ein Obdach. Aller
seiner Fruchtbarkeit ungeachtet hatte aber das Land im Ganzen
einen düstern, traurigen Charakter, der sich nothwendkg auch dem
Volke mittheilen mußte. Es war ohne Berg, ohne Hügel,
ohne Wiese, ohne Feldblume, ohne Gras, ohne Brunnen,
ohne Gebüsch, ja beinahe ohne Baum, ein eintöniges, flaches,
zwischen zwei nackten Felsendämmen sich hinziehendes Garten-
beet. Außer der Sykomore (dem wilden Feigenbaum), der Dattel-
palme (etwa 5 Mill. Stämme zwischen Rosette und Syene —
auf 1300 Q.-M.) und dem wilden Limonienbaume im Unter-
lande hatte Aegypten eigentlich keine Gehölze. Was nicht zum
Nilthale gehört, ist ohnehin unfruchtbar und sandig, und es
kann überhaupt nur großer Fleiß und Anbau dem Vordringen
der Wüste steuern. Das steinige Gebirgsland im Osten ist zur
Viehzucht tauglich und besitzt einen Reichthum an mannigfaltigen
und sehr geschätzten Steinarten, welche die Anlage so ungeheu-
rer Bauwerke, wie der Pyramiden, Tempel, Obelisken, möglich
machten. Während in Babylon alles aus Erdharz und Ziegel
gebaut werden mußte und daher jetzt nur mehr Trümmer und