1827 -
Leipzig
: Fleischer
- Autor: Nösselt, Friedrich
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Gymnasium
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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des Herrn und feine Heerschaaren! Seht den Ritter Georg
und seinen himmlischen Haufen! So kämpft der Herr für sein
Volk! Auf! verdoppelt euren Muth, meine Brüder!"
Im Augenblick waren Aller Augen nach der bezeichneten
Gegend gerichtet. „Gott will es haben! Gott will es haben!"
schreien Tausende von Kehlen, und nun ist an kein Halten mehr
zu denken. In wildem Feuereifer schreiten die Kreuzfahrer
vor, unwiderstehlich werfen sie alles vor sich nieder; umsonst
suchen die Emire die Weichenden zu sammeln; das ganze un-
ermeßliche Heer ist vor den Schwertern der abgehungerten Chri-
sten auseinander gestoben, und Korboga jagt auf seinem schnell-
sten Pferde davon, um sich Himer den Euphrat zu retten. Das
Lager der Saracenen fiel den Siegern in die Hände. Man
hatte glauben sollen, daß die Freude über den Sieg die Chri-
sten menschlich gestimmt hatte. Aber unbarmherzig wurden alle
Gefangene, selbst die Weiber, niedergemetzelt, und die gefundenen
Säuglinge gefühllos von den Hufen der Rosse zertreten.
Ueber dieser und ähnlichen Unternehmungen waren fast drei
Jahre verstrichen, und noch war Jerusalem nicht erreicht. Doch
jetzt, im Jahre 1099, näherte man sich der Stadt. Tankred
mit Hundert trefflichen Rittern eilte voran, und wurde in Beth-
lehem von den da lebenden Christen mit Entzücken empfangen.
Andächtig kniete er nieder in Maria's angeblichem Hause, und
küßte die Krippe, in welcher der Heiland als Säugling geruht
haben sollte. Dann streifte er bis an die Thore Jerusalems,
und kehrte ins Lager zurück. Als die Kreuzfahrer seine Erzäh-
lung vernommen hatten, ergriff sie eine solche Sehnsucht, auch
die heilige Stadt zu schauen, daß sie rastlos vorwärts eilten.
Endlich erreichten sie den Gipfel eines Berges. Da lag sie vor
ihnen, vom Glanze der Abendsonne erhellt, die langersehnte
Stadt, das Ziel aller ihrer heißesten Wünsche. Alle fielen auf
die Knie, küßten den Boden, und weinten Thranen der Freude
und der Wehmuth. Solcher Genuß ließ sie alle ausgestandene
Leiden vergessen, und schon glaubten sie das Ende aller Müh-
seligkeiten erreicht zu haben.
Aber darin irrten sie sich sehr; denn Jerusalem liegt auf
zwei steilen Bergen, war mit einer doppelten Mauer und vielen