1827 -
Leipzig
: Fleischer
- Autor: Nösselt, Friedrich
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Gymnasium
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
27
Mauern an; aber die Saracenen schleuderten Steine, Balken,
brennenden Schwefel und siedendes Oel auf ihre Köpfe herab,
und kaum konnte man die hölzernen Thürme vor ihren Vrandpfei-
len schützen. So kanr der Abend heran; ermattet mußten sich die
Christen zurückziehen; alles Blut, aller Schweiß war vergebens
verronnen, und nur ein Umstand tröstete sie, daß den Feinden
nicht gelungen war, ein heiliges Kreuz zu verletzen, welches man
auf Gottfrieds Thurm aufgepflanzt hatte.
Am andern Morgen wird mit dem Frühsten der Sturm
erneuert, und mit noch größerem Grimme suchen die Pilger die
Mauern zu ersteigen. Aber alle Anstrengung ist vergeblich.
Schon liegen Tausende niedergeschmettert da, Gottfried's Thurm
geräth in Flammen, und kann kaum nur mit größter Mühe
durch Essig gelöscht werden; sieben Stunden schon hat der Kampf
gewahrt; der Schweiß rinnt in Strömen herab, den Ermatteten
sinken die Knie zusammen, und ein dumpfes Gemurmel durch-
läuft die Reihen der Christen, daß hier alle Anstrengung ver-
gebens sey. Da erscheint plötzlich auf der Höhe des Oelbergs
ein herrlicher gewappneter Ritter, im Glanze der Sonne, und
streckt seinen strahlenden Schild über die unter ihm tosende
Stadt aus. Gottfried und Raimund erblicken ihn zuerst, und
rufen laut: „dort! dort! seht den heiligen Georg und seine
Hülfe!" Alles starrt hin nach der wunderbaren Erscheinung,
und frischer Muth kehrt in die verdrossenen Herzen zurück.
Die Pilger raffen die letzte Kraft zusammen, der himmlischen
Hülfe nun gewiß, stürmen die Leitern hinan, erklimmen die
Mauern, und werfen alles vor sich nieder; auch Gottfrieds
Thurm bewegt sich in diesem Augenblick gegen die Mauer,
die Fallbrücke fallt, Gottfried und sein Bruder Eustach sind die
ersten auf der Zinne, und hinter ihnen her dringt ein Wald
von Lanzen vor. Hurah! die Stadt ist gewonnen, die Thore
werden eingeschlagen, und ein dichter Strom von Kreuzfahrern
walzt sich durch die Straßen. Aber wer beschreibt das Ge-
metzel, welches nun entstand. Die langverhaltene Wuth bricht
nun los, und sucht sich durch Mord zu stillen. „Gott will es
haben! Gott will es haben!" tönt durch alle Straßen. Ueberall
bildeten sich Lcichenhügel; denn die Sense des Schnitters kann