1827 -
Leipzig
: Fleischer
- Autor: Nösselt, Friedrich
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Gymnasium
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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garn. Ja 1529 waren sie gar bis vor Wien vorgedrungen,
und hätten die Stadt beinahe im Sturme weggenommen. Sich
selbst zu helfen, war Ferdinand viel zu schwach. Daher mußte
er unaufhörlich die deutschen Fürsten um Hülfe ansprechen.
Die Evangelischen wollten aber nicht eher helfen, bis man ihnen
freie Religionsübung bewillige. Nach langem Hin- und Her-
streiten wurde dann 1532 ein sogenannter Religionsfriede
in Nürnberg abgeschlossen, der aber eigentlich nur als ein
Waffenstillstand betrachtet werden konnte, weil weder die Einen
noch die Andern damit zufrieden waren. Es wurde darin ver-
sprochen, daß Keiner bis zu dem nächstens zu haltenden Concil
seines Glaubens wegen beeinträchtigt werden sollte. Nun erst
gaben die Evangelischen die von ihnen verlangte Unterstützung
gegen die Türken, denen aber Ferdinand nicht viel anhaben
konnte.
Kaum waren die Katholischen und Evangelischen fürs erste
etwas beruhigt worden, so fingen auf einer andern Seite Un-
ruhen an. Die Anhänger Münzers waren in Deutschland überall
hart verfolgt worden, und darum nach den Niederlanden ge-
gangen. Von hier schickten die Schwärmer, die sich nun Wie-
dertäufer nannten, Missionarien nach Westphalen, um ihren
Anhang zu vergrößern. Zwei von ihnen kamen 1533 nach
Münster in Westphalen. Johann Bockold, ein Schneider
von Leiden, und Johann Ma t t h i e se n, ein Bäcker aus Har-
lem. Nach und nach brachten sie viele Bürger auf ihre Seite,
selbst den Prediger R o r t m a n n, der doch ein Schüler Luthers
gewesen war. Der Magistrat jagte die Unruhestifter mehrmals
aus der Stadt, aber sie kamen bald heimlich wieder, und ihr
Anhang wurde endlich so stark, daß sie sich der Herrschaft be-
mächtigten, den Bischof und den Magistrat vertrieben, und daß
die verständigeren Bürger freiwillig die Stadt verließen, in der
es nun ganz unvernünftig zuging. Die Wiedertäufer sandten
Leute aus, welche alle ihre Anhänger in die Stadt einluden;
sie sollten zu Hause nur alles stehen und liegen lassen; denn
sie sollten es in Münster zehnfach ersetzt erhalten. Man kann
denken, welche Menge Gesindel herbeiströmte. Ein gewisser
Knipperdolling wurde zum Bürgermeister gewählt. Dann