1827 -
Leipzig
: Fleischer
- Autor: Nösselt, Friedrich
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Gymnasium
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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beschloß er, diesem die Erbfolge von Böhmen und Schlesien
zuzuwenden. Um dies nuszurichten, wollte er sich der List be-
dienen. Leopold mußte unter der Hand Truppen werben. Diese
brachen plötzlich 1610 in Böhmen ein, und gingen gerade auf
Prag los. Ganz Böhmen gcrieth darüber in Schrecken, und
rüstete sich zur Gegenwehr. Auch Matthias drang sogleich in
Böhmen ein, um' die Passauer zu vertreiben. Nun wurde dem
Kaiser bange. Ec ließ sie, ehe Matthias anlangte, wieder ab-
ziehen. Aber damit waren die Böhmen und Matthias noch
nicht zufrieden. Jene bemächtigten sich des Schlosses, und be-
setzten es mit Wachen, so daß Rudolph nicht einmal in den
Garten gehen konnte. Als Matthias ankam, sah Rudolph
wohl ein, daß er der Absetzung nicht entgehen könnte. Er be-
rief daher einen Landtag, und erklärte: „aus brüderlicher
Liebe zu Matthias wünsche er, daß dieser jetzt schon zum Kö-
nige von Böhmen erklärt und gekrönt werde." Das ließen sich
die Stände gefallen, nachdem ihnen der neue König ihre alten
Rechte und Freiheiten feierlich bestätigt hatte. Auch die Schle-
sier und Lausitzer wurden nun ihrer Pflichten gegen Rudolph
entlassen, und an Matthias gewiesen. Dieser setzte dem Kaiser
ein bestimmtes Iahrgeld aus, und wies ihm auf Lebenszeit
vier Herrschaften an. Als Rudolph den Vertrag unterschrieben
hatte, zerbiß er die Feder mit den Zähnen, und warf wüthend
seinen Hut auf die Erde. Aber der ohnmächtige Zorst half
dem Armen nichts, als daß er sein Leben abkürzte. Er starb
schon im Januar 1612.
Matthias wurde nun auch zum Kaiser gewählt. Es ist
nicht zu leugnen, daß sein Betragen gegen seinen Bruder nicht
löblich gewesen war. Daher führte er auch keine glückliche Re-
gierung; der Fluch seines unglücklichen Bruders lastete auf ihm.
Auch hat er nicht viel besser als Rudolph regiert, so daß er
wieder durch sein Beispiel zeigte, daß es leichter>sey zu tadeln,
als besser zu machen. Er war kränklich, träge und sorglos.
Die Spannung zwischen den Religionspartheien wurde immer
größer, und von den Kanzeln herab hörte man nicht de Lehren
der Tugend und Menschenliebe, sondern Scheltworte gegen die
Andersdenkenden- Die Evangelischen im Oefterrcichischen sahen