1839 -
Leipzig
: Fleischer
- Autor: Nösselt, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Gelehrtenschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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der Polen für die Beibehaltung Augusts war, und nur der kleinere,
an dessen Spitze der Erzbischof von Gnesen Radcziejowski stand,
auf schwedischer Seite war. So stritten die nie einigen Polen mehrere
Jahre lang, während die Schweden das Mark des Landes verzehrten.
Endlich, erreichte er seinen Zweck, daß die Polen, freilich nur durch die
schwedischen Waffen gezwungen, 1704 einen neuen König wählten,
den 27jährigen, wohlgebildeten und geistreichen Stanislaus Les-
czinski. Aber August gab so schnell seine Ansprüche nicht auf. Die
ihm ergebenen Polen und die unter dem geschickten General Schu-
lenburg stehenden Sachsen beschäftigten Karln mehrere Jahre hin-
durch, bis endlich dieser den nach Sachsen entflohenen August in die-
sem seinem Erblande aufzusuchen beschloßt
Der Zug ging 1706 durch Schlesien. Als er bei Steinau durch
die Oder geritten war, umdrängte eine Menge evangelischer Schlesier
sein Pferd, und baten ihn, sich doch ihrer gegen ihre katholischen Mit-
bürger anzunehmen, die sie auf alle Art zu unterdrücken suchten. Ein
alter Schuster faßte sein Pferd in den Zügel, und sprach: „gnädigster
Herr, Gott sey und bleibe mit ihnen. Aber lassen Sie sich doch durch
unsere Thränen erweichen, und denken Sie doch nicht allein an sich,
sondern auch an uns arme Leute und an unsern unterdrückten Glau-
den im Lande." Obgleich der König wohl zehnmal: ja! ja! sagte,
so mußte er doch erst dem Schuster die Hand darauf geben. Karl
hielt auch sein Wort, und verschaffte ihnen bei dem Kaiser große Er-
leichterungen. Nun brach er in Sachsen ein, und hielt die strengste
Mannszuchr. In Altranstädt schlug er sein Hauptquartier auf: Von
hier ritt er gleich am folgenden Tage nach dem Schlachtfelde von
Lützen, um die Stelle zu sehen, wo vor 74 Jahren sein großer Ahn-
herr gefallen war *). Mit Rührung sprach er hier: „wir haben alle-
zeit gesucht, so wie König Gustav Adolph zu leben; vielleicht thut uns
Gott die Gnade, und läßt uns auch auf die Art wie ihn sterben."
König August bot endlich, um nicht zuletzt auch Sachsen zu verlieren,
die Hand zur Versöhnung an. Der Friede wurde in Altranstädt
1706 abgeschlossen, und August mußte darin der polnischen Krone ent-
sagen, und seinen Gegner Lesczinski als König anerkennen. Dafür
behielt er Sachsen. Einige Zeit darauf besuchte er auch seinen bishe-
rigen Feind, Karln 12. Bem waren, wie sich das geziemte, höflich
und freundlich gegen einander/ Auch erhielt Karl in Altranstädt einen
Besuch vom berühmten Marlborough. Dieser überbrachte ihm ein
Schreiben der Königin Anna, durch welches dieselbe ihm das Schicksal
der im Oestreichischen gedrückten Protestanten ans Herz legte, und
Karl versprach auch, für sie bei dem Kaiser ein gutes Wort einzule-
*) Karl war ein Urenkel der Schwester Gustav Adolphs.