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1. Theil 3 - S. 398

1839 - Leipzig : Fleischer
398 durch, daß wenigstens die bei jedem Verbrecher üblichen Formen beobachtet würden, und man erlaubte dein Könige, sich einen Vertheidiger zu wählen. Seine Wahl siel auf den Rechtsgelehrten Tronchet, der, so gefährlich auch dies Geschäft damals war, sieb sogleich bereitwillig erklärte, und von seinem stillen Landsitze nach Paris eilte. In der Noth erkennt man seine wahren Freunde! Auch der ehrwürdige 78jäh- rige Herr von Malesherbes, einst königlicher Minister, erbot sich dazu, und beide wählten sich zum Gehülfen einen jungen Rechtsgelehrten, Deseze*). Binnen acht Tagen vollendeten sie die ungeheure Arbeit, eine Vertheidigung gegen alle vorgebrachte Klagen aufzusetzen. Am 26. December wurden sie nebst dem Könige vorgeladen. Malesherbes konnte vor Rührung nicht sprechen, aber Deseze hielt eine meisterhafte Rede, die den König unfehlbar gerettet hätte, wenn nicht alles Gefühl in den Herzen der Jakobiner erstickt gewesen wäre. Ohnedies hatte Ludwig alle diejenigen Stellen, welche auf das Gefühl wirken sollten, ausgestrichen, weil er von seinen Richtern kein Erbarmen, sondern nur Gerechtigkeit verlangte. Nachdem Deseze geendigt hatte, setzte Ludwig nur noch wenige Worte hinzu, und wurde dann in den Tempelthurm zurückgebracht. Sogleich begann unter den Mitgliedern des Convents ein wü- thender Streit, ob das zu fällende Urtheil dem Volke erst noch vor- gelegt werden sollte. Die Girondisten verlangten es, um den König zu retten, die Jakobiner widersprachen; einer, ein ehemaliger Fleischer, verlangte gar, daß man Ludwigs Körper in Stücke hauen, und in jedes Departement ein Stück senden sollte! Darin stimmten fast alle überein, daß er schuldig sey, aber es schien, als wenn nur der kleinere Theil für den Tod stimmen würde. Bisher war es Gesetz gewesen, daß bei allen peinlichen Gerichtsfällen nicht die Mehrheit entschied, sondern der Angeklagte nu^ dann verurtheilt werden konnte, wenn zwei Drittheile gegen ihn stimmten. Dies Gesetz wurde für den vor- liegenden Fall aufgehoben, und nun setzten die Cordeliers alles in Be- wegung, um die Girondisten zu bewegen, für den Tod zu stimmen. Sie drohten, alle zu ermorden, die ihn freisprechen würden, ließen Kanonen gegen den Sitzungssaal auffahren, umgaben das Haus mit bewaffnetem Pöbel, und erklärten, daß der König, wenn er auch los- gesprochen würde, von einer Pöbelrotte mit seiner ganzen Familie er- mordet werden sollte. Am 16. Januar 1793 begann die Abstimmung, welche, weil 727 Personen stimmten, fast 24 Stunden lang dauerte, und eine der schauerlichsten Scenen darstellte. Wer malt die Züge der Bosheit, der Schadenfreude, des Aergers, der Verzweiflung in den *) Gestorben als Pñir von Frankreich, und Präsident des Cassationshoseö 1828.
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