1839 -
Leipzig
: Fleischer
- Autor: Nösselt, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Gelehrtenschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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sogleich aus Nom ab. Darauf rückte ein französisches Heer unter
Berthier in Rom ein, rief eine römische Republik aus, und
machte es, wie es die Franzosen überall machten: er bemächtigte sich nicht
nur alles Eigenthums des Papstes, sondern ließ auch die besten Kunst-
schätze nach Paris abführen, und legte der Stadt und dem Lande eine
ungeheure Kriegssteuer auf. Der alte Papst mußte seine Regierung
niederlegen, und wurde nach Valence, einer Stadt im südlichen Frank-
reich, abgeführt, wo er das Jahr darauf vor Alter und Kummerstarb.
Schon über dies Benehmen war Oestreich aufgebracht; bald bekam es
noch mehr Ursache zur Unzufriedenheit.
In der Schweiz, wo seit Kaiser Albrechts 1. Zeiten die Liebe
zur Freiheit nicht erstorben war, hatten — das konnte nicht fehlen —
die Vorgänge in Frankreich die Gemüther vielfach bewegt. In meh-
reren Kantonen regierten bloß einige wenige Familien, in andern da-
gegen gehörten alle Familienväter zur Landesgemeinde. Jenes war so
viele Jahrhunderte getragen, aber jetzt schien es den ausgeschlossenen
Familien mit einem Male unerträglich. Ferner hatte jeder Kanton
sogenannte Unterthanen, die nicht in die Regierung mitzusprechen hat-
ten, aber sehr mild regiert wurden. So konnte es bleiben, und Alle
hätten sich dabei wohl befunden. Aber die Ideen von Freiheit und
Gleichheit klangen so süß, und die Unzufriedenheit wurde von den Un-
ruhestiftern in Frankreich so geschickt aufgeregt, daß Jeder Antheil an
der Regierung verlangte. Am besten wäre nun unter diesen Umstän-
den wohl gewesen, daß die in der Schweiz Regierenden dem Wunsche
des Volks nachgegeben hätten; aber dazu konnten sie sich nicht ent-
schließen, weil dem Menschen nichts so schwer fällt, als der erlangten
Gewalt, sie sey nun rechtmäßig oder nicht, zu entsagen. Kaum merk-
ten die französischen Directoren die Gährung in der Schweiz, als sie
sich auch sogleich erst heimlich, dann öffentlich hineinmischten. Sie mun-
terten die Unzufriedenen auf, versprachen Unterstützung, und zuletzt ver-
langten sie geradezu, die Kantone, namentlich Bern, sollten ihre Un-
terthanen frei geben, und alle Kantone sollten zusammengeschmolzen
werden, und also eine einzige, ungetheilte Republik bilden. Da nun
die Schweizer von den Franzosen, die ihnen nichts zu gebieten hatten,
keine Vorschriften annehmen wollten, und sich zur Gegenwehr rüste-
ten, so rückte zu Anfänge des Jahres 1798 ein französisches Heer in
die Schweiz ein. Wären die Schweizer jetzt nur recht einig gewesen!
Ihre Berge sind ihnen ein treffliches Bollwerk, und die Tage von
Morgarten, Sempach, Näfels, Granson, Murten und Nancy hatten
gezeigt, was das brave Volk vermöge. Aber Viele hielten es aus heil-
loser Verblendung mit den Franzosen, und selbst die Gutdenkenden
waren verschiedener Meinung. Gleich in den ersten Gefechten wurden
die Schweizer geschlagen und zerstreut, und nun verfuhren die Sieger