1839 -
Leipzig
: Fleischer
- Autor: Nösselt, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Gelehrtenschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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mußte Ierome nicht nur die darauf hastenden Schulden übernehmen,
sondern auch einige tausend Franzosen unterhalten, und sich gefallen
lassen, daß französische Zollbeamten in Westphalen nach englischen
Waaren herumspürten, die, wo man sie fand, zerstört wurden. —
Frankfurt hatte seither dem Karl von Dalberg, der den Titel eines
Primas von Deutschland führte, gehört. Jetzt wurde es am I.märz
1810 in ein Großherzogthum Frankfurt verwandelt, und Napo-
leon bestimmte, daß des neuen Großherzogs einstiger Nachfolger der
bisherige Vicekönig von Italien, Eugen, seyn solle. Denn seit er
Marie Luise geheirathet hatte, war er nicht mehr Willens, dem Eugen
Italien zu hinterlassen.
Bei Ernennung des Großherzogthums Frankfurt erklärte er aus-
drücklich, daß seine unmittelbaren Besitzungen nie über den Rhein
ausgedehnt werden sollten, und doch erschien am 13. December 1810
das Decret, daß das nordwestliche Deutschland, namentlich Hamburg,
Bremen, Lübeck, das Herzogthum Oldenburg, ein Theil von
Berg und Hannover und einige kleinere Bezirke zu Frankreich geschla-
gen werden müßten, um dem Schleichhandel der Engländer zu weh-
ren, und Frankreich mit der Ostsee in Verbindung zu bringen.
Eine große Freude empfand Napoleon, als ihm am 20. März
1811 ein Sohn geboren wurde, der den Namen eines Königs von
Rom erhielt. Mit diesem Kinde wurde eine wahre Abgötterei getrie-
den; Abgesandte der Behörden erschienen an seiner Wiege, und hielten
die feierlichsten Reden an das Kind, welches von dem allen nichts
verstand, und viele Fürsten und fürstliche Gesandten kamen nach Paris,
um dem erhabenen Vater ihre Glückwünsche in tiefster Ehrfurcht zu
überbringen.
So glänzend nun auch Napoleons Regierung war, so viele gute
Anlagen er auch machte — er legte Kanäle, Landstraßen und andere
öffentliche Werke an — so wenig fühlten sich doch die Unterthanen sei-
nes Reichs glücklich. Die jungen Leute wurden zu Tausenden durch
seine Kriege hinweggerafft, und andere dann den Armen ihrer Eltern
entrissen; die unterworfenen Länder seufzten unter drückenden Abgaben;
Handel und Wandel lagen danieder; Keiner wußte, wie lange er sei-
nem Fürsten angehören würde; denn Länder und Völker gingen, wie
eine Waare, auf Napoleons Befehl aus einer Hand in die andere;
und während öffentliche Reden und die Zeitungsblätter das Glück der
Völker und den Ruhm des großen Mannes priesen, wurden die, welche
es wagten, einen Laut der Klage oder die Stimme der Wahrheit hören
zu lassen, von französischen Spionen verfolgt, eingekerkert, oft ohne
zu erfahren warum, oder wohl gar ohne Weiteres erschossen, so daß
zuletzt Jeder still das Unabwendbare ertrug, und hoffend einer bessern
Zeit entgegensah, die aber noch sehr fern zu liegen schien. Da half