1846 -
Breslau
: Graß, Barth
- Autor: Löschke, Karl Julius
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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Cyrus.
den; es hat nicht, wie die Aegypter, Pyramiden aufgeführt, Obelisken
hingestellt und Labyrinthe gebaut: aber die Psalmen, welche begeisterte
Männer dieses Volks gesungen, die Reden, welche die Propheten ge-
gehalten und in Schriften ausgezeichnet haben — sie erklingen jetzt
noch, wenn die größten Reiche wieder untergegangen sind, in allen Zo-
nen und üben eine Herrschaft durch Ermunterung über schwache, durch
Trost über bekümmerte, durch ernst strafendes Wort über gottentfrem-
dete Gemüther; sie übertreffen jene Wunderbaue, wie ein unsterblicher
Geist den Wunderbau des menschlichen Leibes übertrifft. Darum ge-
bührt auch dem israelitischen Volke ein hoher Ruhm und in ihm hat
Gott, obgleich er zu keiner Zeit und in keinem Volke sich unbezeugt
gelassen, sich auf ganz besondere Weise offenbart; viele Jahrhunderte
hatte er gearbeitet an dem Volke Israel, daß es Frucht brächte; nun
reifte diese Frucht, „der feste Glaube an Einen Gott," und als dann
die Zeit erfüllt war, sandte Gott Den, auf den die Väter hoffend
sahn, seinen Sohn Jesum Christum, daß er unter den Nachkommen
Abrahams auftrete und von Israel aus das Heil zu allen Völkern komme.
Iv. Cyrns, der Stifter des persischen Reiches.
§ 15. Cyrus oder Kores (wie die Bibel ihn nennt) war es, wel-
cher den Juden erlaubte, nach Palästina zurückzukehren. Für das jü-
dische Volk ward er dadurch sehr wichtig. Er hat sich aber überhaupt
einen solchen Namen erworben, daß er als einer der größten Männer
des Alterthums erscheint. Ihm wenden wir jetzt unsere Aufmerksam-
keit zu. Seine Jugendgeschichte führt uns in das medische Reich,
welches südlich vom kaspischen Meere liegt. Hier lebte der König
Astyages, dem viele andere Länder Asiens unterworfen waren. Einst
träumte demselben: er sähe von seiner Tochter Mandane einen Strom
ausgehen, der ganz Asien überschwemmte. Da berief er die Traum-
deuter zu sich, wie die Könige des Morgenlandes in jener Zeit zu thun
pflegten, und frug sie nach der Deutung des Traumes. Deine Toch-
ter, so sagten sie, wird einen Sohn erhalten, deß Herrschaft sich Aber
ganz Asien erstrecken wird. Darüber ward er sehr betrübt, denn er
fürchtete, daß dieser sein Enkel ihn einst vom Throne stoßen werde.
Deshalb wollte er nicht, daß seine Tochter sich mit einem angesehenen
Meder verheirathe, sondern er gab sie einem Manne aus dem gering
geachteten Perservolke, Kambyses mit Namen; dessen Sohn, meinte
er, könne es sich wol nimmer beikommen lassen, nach der Herrschaft
über Medien zu trachten. — Nach einiger Zeit hatte Astyages wieder
einen Traum» Aus dem Schoße seiner Tochter sah er einen Wein-