1846 -
Breslau
: Graß, Barth
- Autor: Löschke, Karl Julius
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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Verfolgung
lust austoben konnte. Die beiden Apostel Petrus und Paulus
sollen bei dieser Verfolgung ihren Tod gefunden haben.
Aus den Zeiten der Verfolgungen haben sich viele Erzählungen von
der Standhaftigkeit einzelner Christen lange von Mund zu Mund fort-
gepflanzt und in der Folge oft dazu gedient, laue und wankelmüthige
Christen in der Treue an dem Herrn zu befestigen. Die zwölf
Apostel sollen sä'mmtlich eines gewaltsamen Todes gestorben sein, mit
Ausnahme des Johannes, von welchem erzählt wird, daß er auf eine
wunderbare Weise gerettet wurde und erst in einem Alter von mehr als
hundert Jahren zu Ephesus starb. Da er schon in hohem Greifen-
alter stand und die Gemeinde, deren Bischof er war, nicht mehr durch
seine Vorträge erbauen konnte, trugen die Jünglinge den geliebten
Lehrer in die Versammlung und baten ihn, daß er noch einmal an die
Versammelten eine Rede halte. „Kindlein, liebt euch unter einander!"
so sprach er, weiter sagte er nichts. Bei einer späteren Versammlung
wurde er wieder auf den Rednerftuhl gebracht, daß man ihn sprechen
höre. Seine Rede lautete: „Kindlein, liebt euch unter einander!" Als
man ihn frug, warum er so wenig und eben nur diese Worte spreche;
gab er zur Antwort: „Weil, wenn das Eine, die Liebe, erfüllt wird,
dann Alles erfüllt ist."
Unter dem Kaiser Markus Aurelius, der von 161 — 180 re-
gierte, war nebst mehreren andern auch der Bischof Polykarp ein-
gezogen worden. Man verlangte von ihm, daß er Christum verfluche,
dann solle er die Freiheit wieder erhalten. Der ehrwürdige Greis erwie-
derte: „Sechs und achtzig Jahre diene ich ihm, und er hat mir nur
Gutes erwiesen, — wie könnte ich ihm fluchen, meinem Herrn und
Heilande?" Darauf starb er muthig den Feuertod. — In dieselbe Zeit
fällt auch das viel geglaubte Wunder mit der sogenannten Blitz- und
Donner-Armee. Als der Kaiser Mark-Aurel einen Krieg gegen die
Markomannen und Quaden führte, waren seine Heere nach langer
anhaltender Sommerhitze in Gefahr, gänzlich zu verschmachten; die
Heiden riefen zu ihren Göttern um Hülfe, aber umsonst; da warfen
auch die Christen, welche damals schon so zahlreich waren, daß Eine
Legion (d. h. eine Heeresabtheilung) nur aus christlichen Kriegern be-
stand, sich auf ihre Knie und fleheten zu Gott. Bald zeigten sich
Wolken am Himmel, ein Gewitter zog herauf und entlud sich mit zer-
störender Kraft über dem feindlichen Heere, den Römern aber sendeten
die Wolken Erquickung herab. Zwar betrachteten auch die Heiden diese
Segnungen als eine Frucht ihres Gebets und eine Gabe ihrer Götter,
aber der Christen-Legion wurde (so wird wenigstens von christlichen Schrift-
stellern erzählt) der ehrende Name Blitz- und Donner-Legion gegeben