1846 -
Breslau
: Graß, Barth
- Autor: Löschke, Karl Julius
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
Marken. Burgen. Reiterei.
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Nun zog Heinrich gegen die Slaven, die gleichfalls sehr ge-
fährliche Nachbarn waren. Er besiegte zunächst die Heveller, die
im heutigen Brandenburg an der Havel wohnten, und nahm ihre
Festung Brennabor oder Brandenburg ein; dann zog er an der Elbe
hinauf und unterwarf sich auch die Slaven im Meißen'schen, eben
so noch weiter südöstlich die Slaven in der Gegend von Budissin;
nicht minder mußten die Böhmen ihm Gehorsam leisten, nachdem er
ihre Festung Prag eingenommen. Ganz im Norden begannen die Dä-
nen ihre alten Räubereien wieder zu treiben. Gegen sie errichtete er die
Mark Schleswig und bevölkerte das umliegende Land mit Ansiedlern
aus Sachsen. Weiter südlich zwischen der Havel und Elbe gründete er
die Nordmark, die sich in der Folge als Mark Brandenburg zu
großem Ansehn erhob. Noch mehr im Südosten bildete die Ostmark
oder die Mark Meißen einen Schutz gegen die anwohnenden Slaven.
Aber das bedeutsamste Kriegs-Unternehmen blieb immer noch übrig, die
Besiegung der Ungarn. Heinrich erwog zunächst, wodurch sie ihm
so gefährlich wurden. Sie wurden es theils durch die Schnelligkeit ih-
rer Bewegungen, theils weil die Deutschen damals noch keine festen
Städte hatten und bei den Ueberfällen so kecker Feinde weder ihr Ei-
genthum noch ihr Leben schützen konnten. Um dem letztern Uebel zu-
nächst zu begegnen, ließ Heinrich in verschiedenen Gegenden des Landes
Burgen erbauen und diese befestigen. Je der zehnte Mann von den
Bewohnern des Landes wurde aufgeboten, an der Befestigung derselben
zu arbeiten, während die übrigen, die in ihren Besitzungen verblieben,
die Pflicht hatten, dessen Land bebauen zu helfen. Bon den Erzeug-
nissen des Landes wurde ein bestimmter Theil in die Burgen in Sicher-
heit gebracht und so den räuberischen Horden entrückt; auch fanden zur
Zeit der Noch die bedrängten Bewohner des offenen Landes einen Zu-
fluchtsort in jenen befestigten Stätten, die gegen das anrückende Reiter-
volk lange vertheidigt werden konnten. So war zur Abwehr der Feinde
viel geschchen; aber Heinrich war damit noch nicht zufrieden; er wollte
sie gänzlich schlagen. Sollte ihm dies gelingen, so mußte er ein Heer
haben, das den Ungarn an Schnelligkeit nicht nachstand und durch
zweckmäßige Einrichtungen jenen ungeordneten Haufen gegenüber im
Vortheil war. Ec übte die junge Mannschaft zu Roß, denn der Kriegs-
dienst zu Pferde war bis dahin bei den Deutschen ungewöhnlich, die
Hauptmacht bestand im Fußvolk; und doch war eine tüchtige Reiterei
das Einzige, wovon man sich eine Ueberlegenheit über die Ungarn ver-
sprechen durfte. Die Reiter mußten ferner lernen in geschlossenen Glie-
dern ordnungsvoll und mit möglichster Schnelligkeit sich fortbewegen,
gegen den Feind anrücken, die erste Lage der Pfeile, die dieser entgegen-