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1. Erzählungen aus der Geschichte alter und neuer Zeit - S. 196

1846 - Breslau : Graß, Barth
196 Waldenser. Inquisition. wandeln. Viele folgten seinem Beispiele; Männer und Frauen, Un- gelehrte und vor der Welt Verachtete zogen in den Dörfern umher, predigten in den Hausern, auf den Straßen, in den Kirchen, ermahn- ten, arm zu werden, wie sie waren, und in ihrer Armuth den Schätzen des Himmelreichs nachzujagen. Ihr ungestümes Verfahren drohte aller- dings, alle weltliche Ordnung, ohne welche es keinen dauernden Frieden giebt, zu zerstören; darum griffen auch die Geistlichen ein und unter- sagten das Predigen, wie die Auslegung der heiligen Schrift überhaupt. Statt aber den Waldensern, denn so nannte man die Anhänger des Petrus Waldus, Recht zu geben, wo sie Recht hatten, statt die Lehr- meinungen des Petrus Waldus zu untersuchen, anstatt selbst, wie es wol billig gewesen wäre, dem Prunke zu entsagen und zur Einfach- heit der Apostel zurückzukehren, ließen die Geistlichen nur strenge Verbote ausgehen, fügten, als diese nichts halfen, Drohungen hinzu, stießen dann die Waldenser aus der Kirchengemeinschaft und verfolgten sie. Demungeachtet breiteten sich diese im südlichen Frankreich, ja bis über die Pyrenäen nach Spanien hin, und im nördlichen Italien, be- sonders im Mailändischen weiter aus. Das Verlangen des Volks, die Bibel zu lesen, wurde immer dringender, immer allgemeiner. Eben deshalb wurden aber auch die Kraftanstrengungen der Geistlichkeit aufs Höchste gesteigert. Die Waldenser, Albigenser und alle andern, welche von der feststehenden Lehre der katholischen Kirche abwichen, wurden als Ketzer betrachtet und zur Ausrottung derselben hielten Priester und Mönche kein Mittel für zu schlecht. Fand man einen Ketzer, so wurde sein Haus niedergerissen; zeigte er Reue und versprach er, der Ketzerei zu entsagen, so wurde er an einen Ort versetzt, in welchem nur recht- gläubige Christen wohnten; konnte er bloß durch Zwang bewogen wer- den, sein Unrecht einzugeftehen, so hielt man ihn in sicherer Haft; dul- dete ein Gutsherr auf seinem Grund und Boden Ketzer, so sollte Hab und Gut desselben eingezogen werden. Da auch dieses geschärfte Ver- fahren noch nicht genügend erschien, so kam man auf ein anderes gleich furchtbares Mittel, die Inquisition. In den Ländern, die der Ketze- rei verdächtig waren, sollten an jedem Orte der Pfarrer und etwa zwei oder drei angesehene Glieder aus der Gemeinde zusammentreten und allen Ketzern nachzuspüren. Zu diesem Zwecke sollten sie das Recht haben, in jedes Haus zu jeder Zeit einzudringen und zu allem befugt sein, was zur Ausrottung der Ketzerei ihnen zweckmäßig erschien. In der Folge wurden die Jnquisi'tionsgerichte einem neu gestifteten Mönchs- orden, den Dominikanern, übergeben, die fühllos und ohne alle Scho- nung verfuhren. Die Ketzerrichter nahmen jede Anklage an und luden den Verklagten vor sich, ohne ihm den Namen seines heimlichen An-
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