1846 -
Breslau
: Graß, Barth
- Autor: Löschke, Karl Julius
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
Sorge für sein Land
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Gestalt, brachte ihn um manche Vortheile, wendete ihm aber dafür
andere bedeutendere zu. Zwar beschrankte er die Einfuhr fremder
Maaren, allein dadurch nöthigte er seine Unterthanen, alles Das, was
sie sonst aus der Fremde erhalten hatten, lieber selbst zu verfertigen.
Anfangs sielen freilich viele Maaren, welche man vordem aus Paris
und London bezogen hatte, minder gefällig aus, als die französischen
und englischen; aber die Handwerker und Künstler erwarben sich immer
mehr Geschicklichkeit, so daß ihre Leistungen denen der Fremden nicht
lange nachstandcn. Dadurch erreichte Friedrich einen doppelten Vor-
.heil: einesthcils wurden viel mehr Hände beschäftigt und durch diesen
regeren Fleiß ward größerer Wohlstand gefördert; anderntheils blieb das
Geld, welches sonst in fremde Länder ging, bei diesen Einschränkungen
des Handels im Lande. Innerhalb der preußischen Länder wurde der
Verkehr begünstiget durch die Anlegung des Plauen'schen Kanals, der
die Elbe mit der Havel verband, und des Finow-Kanals, der wie-
derum eine Verbindung der Havel mit der Oder herstellte, so daß eine
ununterbrochene Schifffahrt von Schlesien aus bis in die Nordsee und
wiederum von der mittleren Elbe bis in die Ostsee möglich ward. Den
Handwerkern wurden neue Wege der Betriebsamkeit gezeigt; könig-
liche Unterstützungen flössen ihnen in reichem Maße zu. Der Land-
bau ward begünstigt. Vom Seidenbau versprach man sich reichen
Gewinn, darum wurde die Anpflanzung von Maulbeerbäumen und
die Pflege der Seidenraupe empfohlen. Zur Verbesserung der Schä-
fereien ließ der König Widder aus Spanien kommen, daß auch edlere
Wolle im Lande erzeugt werden könne. Es ist kaum glaublich, wie
weit hierin die Sorge Friedrichs ging. In dem fruchtbaren Schlesien
gab es damals noch eine große Menge von Stiftern und Klöstern und
zu vielen derselben gehörten Ländereien. Wenn neue Aebte gewählt
wurden, so pflegte der König dieselben nicht eher zu bestätigen, als bis
sie ihm das Versprechen gegeben hatten, daß sie den Ertrag der Stifts-
gütec verbessern, Weinstöcke, Eichen, Maulbeerbäume und Kartoffeln
pflanzen, Bienengärten anlegen, die Schafzucht und den Seidenbau
befördern wollten.
§ 198. Nichts war dem Könige zu groß, nichts zu klein; wo nur
immer ein Hoffnungsstrahl schimmerte, daß etwas zum Wohle des ge-
sammlen Staates oder einzelner Stände geschehen könne, dahin richtete
sich sein Auge. Eins nur ist zu bewundern, wie es ihm möglich ward,
so viel des Großen zu vollbringen und auch im Kleinen groß zu er-
scheinen. Fester Wille und eine bestimmte Zeiteintheilung waren ihm
die wesentlichsten Förderungsmittel. Es ist wol der Mühe werth, ein-
mal etwas genauer zu betrachten, wie ein großer König seine Zeit ein-