1855 -
Dresden
: Meinhold
- Autor: Gräße, Johann Georg Theodor
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Sachsen
- Inhalt: Zeit: Mittelalter, Neuzeit
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hängern hitzig geführt, und Luther, unterstützt von den sächsischen
Theologen, flößte dem Churfürsten Johann Mißtrauen gegen die
schweizer und hessische reformirte Parthei ein. Das Neligionsgespräch
zu Marburg (2. Octbr. 1529), welches beide Theile versöhnen sollte,
schlug zum entgegengesetzten Erfolge aus, und dadurch entstand nun
jene unselige Spaltung in der protestantischen Kirche, die bis auf
die neueste Zeit gewahrt hat und einer der besten Bundesgenossen
der alten Kirche im Kampfe gegen dieselbe blieb. Von Seiten
Luthers wurden gewisse (17) Artikel aufgesetzt, welche auf Verlangen
Churfürst Johann's und Markgraf Georg's von Brandenburg jeder,
der sich mit ihnen verbinden wolle, als giltig und bindend anneh-
men sollte, und da natürlich die Gegenparthei dieses nicht un-
bedingt wollte, so kam weder auf dem Convente zu Schwabach
(15. Octbr. 1529), noch auf dem zu Schmalkalden (29. November
1529), noch endlich auf dem zu Nürnberg (6. Januar 1530) eine
Einigung zu Stande.
Allerdings ist es möglich, daß eine solche nicht mehr so noth-
wendig schien, nachdem Karl V., der mittlerweile (24. Febr. 1530)
zu Bologna vom Papste zum römischen Kaiser gekrönt worden war,
gedrängt von dem Wunsche gegen die Türken, die im Jahre 1529
bis nach Wien vorgedrungen waren, von den deutschen Fürsten
Beistand zu erlangen und zugleich die Wahl seines Bruders zum
römischen König durchzusetzen, in dem Ausschreiben zu dem den
8. April 1530 zu Augsburg abzuhaltenden Reichstage sehr mild
und versöhnend aufgetreten war, indem es darin unter Anderem
hieß, cs solle eines Jeden Opinión, Gutdünken und Meinung in
Liebe und Gütigkeit gehört und erwogen und Alles, so zu beiden
Theilen nicht recht ausgelegt oder abgehandelt, abgethan werden.
Churfürst Johann begab sich nun mit seinem Sohne Johann
Friedrich in Begleitung von Luther, den er jedoch, um den Kaiser
nicht zu reizen, zu Coburg zurückließ, mit Melanchthon und andern
Theologen nach Augsburg (2. Mai 1530), und nachdem auch der
Kaiser angelangt war (15. Juni) ward der Reichstag den 20. Juni
1530 eröffnet und bereits fünf Tage darauf das von Melanchthon
auf Grund der von Luther früher verfaßten (17) Torgauer Artikel
ausgearbeitete berühmte (Augsburger) Glaubensbekenntniß in deut-
scher Sprache öffentlich verlesen. Es waren darin in 21 Artikeln
die Lehre, wie sie im Evangelium enthalten war, und in 7 andern
die Mißbräuche der alten Kirche, welche die Protestanten bisher