1855 -
Dresden
: Meinhold
- Autor: Gräße, Johann Georg Theodor
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Sachsen
- Inhalt: Zeit: Mittelalter, Neuzeit
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1541) dieses Bisthum zur Erledigung gelangt, und Johann Friedrich
glaubte, jetzt sei die Zeit gekommen, die Reformation, welche allerdings
schon in demselben Wurzeln geschlagen, hier vollständig einführen zu
können. Er protestirte also gegen eine vom Capitel vorgenommene
Wahl des Julius Pflugk zum Bischof und beschloß, als Landesherr
das Bisthum zu säcularisiren. Zwar nahm der Kaiser die Reichs-
unmittelbarkeit des Stifts in Schutz und befahl dem Churfürsten
(18. Juni 1541), die Wahl Pflugks anzuerkennen, allein derselbe
nahm darauf keine Rücksicht, sondern er ernannte Nicolaus von Ams-
dorf, der aber dem protestantischen Glauben angehörte, zum geistlichen
Verweser desselben und setzte ihm einen Verwalter der weltlichen Ge-
richtsbarkeit an die Seite, verwendete aber die bischöflichen Einkünfte,
nach Abzug eines jährlichen Gehaltes für jene, zu milden Stiftungen.
Karls V. unglücklicher Feldzug in Afrika (1541) und Ferdinand's
Bedrängniß durch den Türkenkaiser Solimán bewirkten cs gleichwohl,
daß auch der neue Reichstag zu Speier (1542) nicht ungünstig für
die Sache der Protestanten ausfiel, im Gegentheil die Regensburger
Beschlüsse wurden auf 5 Jahre bestätigt.
Unterdessen war Heinrich der Fromme (18. August 1541) nach
kurzer Regierung in den albertinischen Ländern gestorben und ihm sein
Sohn, der an Jahren junge aber sehr kluge Herzog Moritz, gefolgt. Der-
selbe hatte zwar früher einige Zeit an Johann Friedrichs Hofe gelebt,
allein obgleich Beide demselben Glauben zugethan waren, gab es
doch manche Veranlassung, die eine wahre Innigkeit zwischen ihnen
verhinderte. Dazu kam, daß Luther das Mißtrauen, welches Johann
Friedrich gegen seinen Vetter hegte, theilte und bei jenem noch steigerte,
Moritz aber durch Philipp von Hessen, seinen Schwiegervater, dem
Johann Friedrich auch grollte, gegen diesen eingenommen worden war.
Da er nun überdieß auch sich von dem Schmalkaldischen Bunde abwendete,
so war es kein Wunder, daß der glaubenseifrige Churfürst seinem jun-
gen Vetter wenig protestantischen Sinn zutraute und ihm immer
mehr entfremdet ward. Dazu kamen aber auch noch äußere Mißver-
hältnisse.
Nach dem zwischen den Brüdern Ernst und Albrecht vorgenomme-
nen Theilungsvertrag sollte das Bisthum Meißen und natürlich auch
das dazu gehörige Collegiatstift Wurzen beiden sächsischen Linien ge-
meinschaftlich gehören. Gleichwohl befahl Johann Friedrich daselbst,
ohne Herzog Moritz zu Rathe zu ziehen, die Türkensteuer zu erheben
(1542) und die evangelische Lehre einzuführen, ließ auch die Stifts-