1855 -
Dresden
: Meinhold
- Autor: Gräße, Johann Georg Theodor
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Sachsen
- Inhalt: Zeit: Mittelalter, Neuzeit
stadt Wurzen selbst besetzen. Zum Schutz seiner Gerechtsame versam-
melte Herzog Moritz bald ein kleines Heer, und schon stand er den
Truppen seines Vetters schlagfertig gegenüber, als noch in der letzten
Stunde Philipp von Hessen, den auch ein Abmahnungsschreiben
Luthers unterstützte, den Frieden dahin vermittelte (10. April 1542),
daß die Schutzgerechtigkeit beider Fürsten über das Bisthum Meißen
und Alles, was dazu gehörte, abermals anerkannt und nur die Moda-
lität naher bestimmt ward. Weil diese unblutige Fehde aber gerade
zu Ostern geschlichtet ward, so nannte der Volkswitz dieselbe den
Fladenkrieg.
Hatte nun auch anscheinend zwar eine Aussöhnung zwischen den
beiden so nahe verwandten Fürsten stattgefunden, so sah der staatskluge
Moritz doch ein, daß sein starrsinniger Vetter für ihn kein Bundesgenosse
sei, er nahm daher auch keinen thätigen Antheil an dem von diesem
und Landgraf Philipp von Hessen gegen den wilden Herzog Heinrich
den jüngern von Braunschweig, der die Städte Goslar und Braun-
schweig wegen ihrer Theilnahme am schmalkaldischen Bunde auf das
Härteste drückte, unternommenen Feldzug. Derselbe ward in Zeit von
vier Wochen durch die Eroberung des herzoglichen Landes beendigt,
der Herzog verjagt, in seinen Besitzungen die Reformation eingeführt
und ein vom Reichskammergericht ausgegangener Befehl der Restitu-
tion des eroberten Landes an seinen Landeshcrrn durch einen Beschluß
des protestantischen Convents zu Schweinfurt (4. December 1542)
entschieden abgelehnt.
Ein neuer zu Nürnberg (im Januar 1543) abgehaltcner Reichs-
tag, auf dem übrigens Churfürst Johann Friedrich nicht erschien, führte
abermals zu keinem Resultate, wohl aber gestand der Kaiser im näch-
sten Jahre auf dem Reichstage zu Speier (1544) den protestantischen
Ständen zu, daß die regensburger Beschlüsse bis zur Erledigung der
religiösen Streitpunkte auf einer deutschen Kirchenversammlung in
Kraft bleiben sollten, und der Churfürst von Sachsen ließ sich dadurch
auch bestimmen, die Wahl Ferdinands zum römischen König nunmehr
auch ohne Vorbehalt anzuerkennen (11. Mai 1544), wofür ihm der
Kaiser auch durch Bestätigung seines Ehevertrags mit Sibylla von
Cleve die Nachfolge in den Besitzungen für sich und seine Nachkommen
sicherte.
Mittlerweile hatte aber Herzog Heinrich von Braunschweig den
' Versuch gemacht, mit bewaffneter Hand sein laut der auf dem Wormser-
Reichstage (Juli 154 5) gemachten Capitulation im Namen des Kai-