1855 -
Dresden
: Meinhold
- Autor: Gräße, Johann Georg Theodor
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Sachsen
- Inhalt: Zeit: Mittelalter, Neuzeit
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(4. Juni) die Churwürde und das Erzmarschallamt. Die Stadt Witten-
berg ergab sich demnächst in Folge jener Capitulation dem Kaiser. Dieser
zog als Sieger in derselben ein, besuchte auch die ehrwürdige Schloß-
kirche daselbst, wies aber den ihm am Grabe Luthers gemachten Vor-
schlag, die Gebeine desselben als eines Ketzers ausgraben und verbren-
nen zu lassen, mit den Worten: ich sühre keinen Krieg mit den Todten,
zurück. Der abgesetzte Churfürst endlich, der die treue Stadt noch
einmal hatte sehen dürfen, mußte bald von den dort befindlichen Sei-
nigen Abschied nehmen und dem Kaiser in die Gefangenschaft in ferne
Länder folgen (3. Juni 1 547).
So kam die Churwürde an die jüngere Linie des Hauses Wettin
und die Söhne des unglücklichen Johann Friedrich, der seitdem der
Aeltere genannt wird, Johann Friedrich der Mittlere (geb. 1529),
Johann Wilhelm (geb. 1530) und Johann Friedrich der Jüngere
(geb. 1 538) waren samt ihren Nachkommen auf jenes kleine Stück
Land angewiesen, welches sie laut der Wittenberger Capitulation für
den Verlust ihres Erbtheils entschädigen sollte. Ihr vielgeprüfter
Vater kehrte nach Abschluß des Passauer Vertrags, von dem später die
Rede sein wird, am 1. September 1 5 52 in seine Lande zurück, nach-
dem allerdings in den letzten Jahren seine Gefangenschaft bei dem
Kaiser, dem er überall folgte, keine eben harte gewesen war. Allerdings
flößte der plötzliche Tod Churfürst Moritzens Johann Friedrich, der
sich noch geborner Churfürst nannte, auch die Churschwerter im Wap-
pen beibehielt, einige Hoffnung auf Wiedererlangung seiner Länder ein,
um so mehr als auch die sächsischen Stände auf dem zu Leipzig (im
x Aug. 1 5 53) gehaltenen Landtage seine Wiedereinsetzung verlangten, allein
der Kaiser unterstützte seine Ansprüche nicht, und daher sah sich Johann
Friedrich veranlaßt, mit dem neuen Churfürsten August den besonders
durch dessen Schwiegervater, den König von Dänemark, vermittelten
Naumburger Vertrag (24. Februar 1554) einzugehen, in welchem
ihm von Erstercm der Titel geborener Chursürst bis an seinen Tod
und eine bedeutende Entschädigung an Geld (100,000 Gulden) und
Besitzungen (die Aemter Sachsenburg, Eisenberg, Altenburg, Lucka
u. a. m.) gewährt wurde, er aber dafür sich mit seinen Söhnen ver-
bindlich machte, Churfürst August und seine Nachkommen in allen
ihren neuerlangtcn Titeln und Würden anzuerkennen und zu achten.
Kurz nach Unterzeichnung dieses Vertrags (3. März 1554) ging
der hartgeprüfte Dulder, dem schon den 16. October 1553 sein treuer
Diener, der berühmte Maler Lucas Cranach, welcher seine Gefangen-