1855 -
Dresden
: Meinhold
- Autor: Gräße, Johann Georg Theodor
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Sachsen
- Inhalt: Zeit: Mittelalter, Neuzeit
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annehmbaren Frieden mit seinen Bundesgenossen bezweckten, nicht
abgeneigt, allein es kam nicht einmal gleich zu einem Waffenstillstands
weil die übrigen Glieder des Bundes nicht völlig mit diesen Beding-
ungen zufrieden waren, sondern derselbe sollte erst den 26. Mai be-
ginnen und dann zu Passau weiter verhandelt werden. So beschloß man
denn zu handeln, Moritz zog schnell gegen die Tyroler Alpen (10. Mai)
und eroberte die für unüberwindlich geltende Ehrenberger Klause
(18. Mai), wodurch ihm der Weg nach Jnsbruck offen stand. Karl, der
vorher noch den gefangenen Johann Friedrich entließ, eilte nun so schnell
er konnte nach Villach in Kärnthen, ohne daß Moritz, der, wie erselbft
sagte, keinen Käfig für einen solchen Vogel hatte, ihn verfolgen ließ.
Unterdessen fing man an zu Passau, wo eine große Anzahl
Reichsstände zusammengekommen war, zu verhandeln, zwar suchte der
Kaiser abermals Zeit zu gewinnen, allein als Moritz mittcrweile
wieder zu den Waffen gegriffen hatte und Frankfurt bekannte, ward es
ihm endlich mit dem Frieden Ernst, und so kam der berühmte Passauer
Vertrag (2. August 1552) zu Stande. Zwar sollten nach diesem Ver-
trage die Beschwerden über Eingriffe des Kaisers in die deutsche
Reichsverfassung sowie die religiösen Streitigkeiten erst auf einem
binnen 6 Monaten zu haltenden Reichstage verhandelt werden, allein
der Landgraf ward doch in Freiheit gesetzt (3. September 1552) und
Moritz zeigte hier, daß er über den Verhältnissen stand. Er setzte nämlich
dabei durch, daß wegen der Religion, auch wenn eine Kirchenver-
sammlung vergebliclhgehalten würde, kein Theil den andern mit Krieg
überziehen solle, was einem^beständigen Friedenszustand zwischen bei-
den Partheien gleichkam. So war durch ihn Deutschland für längere
Zeit vor den Folgen innerer Kriege sichergestellt, der einzige Verlust,
der dasselbe traf,Zbestand darin, daß Heinrich Ii. von Frankreich die
Stifter und Städtefmetz, Toul und Verdun, die zu besetzen er sich in
dem obenerwähnten Vertrage' ausbedungen hatte, behielt (1556).
Moritz kehrte nun in sein Land zurück, bewies den zu Dresden
(26. August 1552) versammelten Ständen, wie er bei Durchsetzung
des Passauer Vertrags keinen persönlichen Vortheil, sondern einzig
und allein die Erhaltung des evangelischen Glaubens und die Freiheit
und Selbständigkeit des deutschen Reichs bezweckt habe, und zog dann
(1552 im Herbst), wie er sich gegen König Ferdinand verpflichtet
hatte, nach Ungarn gegen die Türken, konnte aber, weil der Befehls-
haber des österreichischen'heere nicht in gutem Einverständnisse mit
ihm handelte, wenigfausrichten.