1855 -
Dresden
: Meinhold
- Autor: Gräße, Johann Georg Theodor
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Sachsen
- Inhalt: Zeit: Mittelalter, Neuzeit
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Sigismund und der Pfalzgraf Philipp Ludwig von Neuburg, welche
ebenfalls Ansprüche auf die Nachfolge in dessen Ländern zu haben
glaubten, sich mit Waffengewalt in Besitz derselben gesetzt hatten, wäh-
rend Christian Ii. auf friedlichem Wege sein Erbfolgerecht auf Jülich
und Cleve beim Kaiser durchzusetzen dachte, wollte er sich sogar als
Mitglied der katholischen Liga aufnehmen lassen, wenn letztere ihm
zur Behauptung und Durchführung seiner Ansprüche verhelfen wolle.
Dieß geschah jedoch nicht, Rudolph Ii. belehnte zwar Churfürst Chri-
stian (1. Juli 1610) für das Gesammthaus Sachsen mit den jülich-
schen Ländern, allein „den Rechten eines Andern unbeschadet", und so
schloß die Liga mit der Union (24.October 1610) einen Vergleich auf
Niederlegung der Waffen, Pfalz Neuburg und Brandenburg, die sich zu
gemeinschaftlicher Regierung und Vertheidigung Jülichs verständigt
hatten, erhielten sich nach wie vor im Besitz desselben und Sachsen blieb
nichts übrig, als bis in das verflossene Jahrhundert hinein seine
übrigens wohl gegründeten Ansprüche, freilich stets vergebens, von
Neuem mehrmals geltend zu machen.
Unterdessen traten jene unglücklichen Mißverhältnisse zwischen
Kaiser Rudolph Ii. und seinem Bruder Matthias ein, in Folge deren
Ersterer Oestrcich, Mähren und Ungarn an Letzteren abtreten mußte
(1608) . Sowohl hier als später bei dem von Rudolph den Böhmen
(1609) ertheilten und auf Schlesien ausgedehnten Majestätsbriefe
ließ jedoch der Churfürst von Sachsen den Protestanten seine kräftige
Unterstützung bei Durchführung ihrer Forderung freier Religions-
übung zu Theil werden, konnte es jedoch nicht verhindern, daß
Matthias seinen schwachen Bruder endlich auch noch aus Böhmen
verdrängte. Nicht lange darauf entriß ein Schlagfluß, welchen sich
Christian Ii. durch einen Trunk auf die Hitze zugezogen, denselben sei-
nem Lande (23. Juni 1611). Da ihm seine Gemahlin Hedwig von
Dänemark keine Kinder geboren hatte, so folgte ihm sein zweiter
Bruder
Churfürst Johann Jjeory I.
(1611—1656.)
Nach einer in strenger, fast klösterlicher Erziehung verlebten Ju-
gend sandte ihn sein Bormund Friedrich Wilhelm auf Reisen „um
der auswärtigen Herrschaften und Potentaten Gebräuche und Gesetze
zur Erlernung einer völligen Regierungewissenschast zu sehen und zu