1855 -
Dresden
: Meinhold
- Autor: Gräße, Johann Georg Theodor
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Sachsen
- Inhalt: Zeit: Mittelalter, Neuzeit
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erlernen". Er kehrte, nachdem er in Italien verschiedene Abenteuer
und Gefahren bestanden, nach einer Abwesenheit von 14 Monaten
(Februar 1602) wieder nach Sachsen zurück und erhielt, nachdem er
(1603) mündig geworden war und die ihm zustehende Stiftsregierung
von Merseburg angetreten hatte, von seinem Bruder Christian, der ihn
wahrhaft zärtlich liebte, ein fürstliches Einkommen ausgesetzt. Das-
selbe ward sogar noch mehrmals erhöht, wie z. B. bei seiner zweiten
Vermahlung (seine erste Gemahlin Sibylla Elisabeth, Tochter des
Herzogs Friedrich von Würtemberg, war 15 Monate nach ihrer Ver-
heirathung mit ihm wieder gestorben, 1605) mit Magdalena Sibylla
(geb. 1586), Tochter des Markgrafen Albrecht von Brandenburg.
Kaum hatte Johann Georg den Churhut erhalten, als er auch
schon in die Lage kam, ein lange nicht von dem Churhause Sachsen
verwaltetes Amt zu übernehmen, nämlich das Reichsvicariat, worin
er aber den Pfalzgrafen Johann von Zweibrücken, der aber in den
Churverein ausgenommen worden war, als Mitvicarius anerkennen
mußte. Gleichzeitig verwaltete er auch die Vormundschaft über die
weimarische (bis 1615) und altenburgische Linie des ernestinischen
Hauses Sachsen, allein bei dieser Gelegenheit trat von Neuem die
Spannung zwischen dem chursächstschen und weimarischen Hofe hervor,
weil letzterer sich zu den Mitgliedern der Union, besonders aber zu den
reformirten anhaltiner Fürsten hinneigte.
Unterdessen nahte die nach Kaiser Rudolphs I!. Tode (Januar
1612) zu Frankfurt für den 20. Mai 1612 angesetzte Kaiserwahl.
Churfürst Johann Georg hatte sich in Person zu dieser wichtigen Ver-
handlung begeben und seiner weisen Vermittlung hatte es Kaiser
Matthias zu danken, daß er am 3. Juni 1612 zum Nachfolger seines
schwachen von ihm übel behandelten Bruders ernannt ward.
Johann Georg, abgehalten durch die von seinem Bruder ererbte
Anhänglichkeit an das Haus Habsburg und seine Abneigung gegen
das churpfälzische Haus und den Calvinismus, trat ebensowenig, wie
Christian Ii., der Union bei. Letztere hatte durch den Uebertritt des
Churfürsten von Brandenburg (December 1613) eben so einen neuen
mächtigen Verbündeten gewonnen, wie sich die katholische Liga durch
den Uebertritt des Pfalzgrafen Wolfgang von Neuburg (1614) ver-
stärkt hatte. Allein gleichwohl hatte sich Maximilian von Baiern,
der tiefer liegende Pläne bei seinem Bunde hatte, entschieden geweigert,
den Churfürsten von Sachsen, dessen Aufnahme der Churfürft von
Mainz und der bekannte Rathgeber des Kaisers, der Cardinal Melchior