1855 -
Dresden
: Meinhold
- Autor: Gräße, Johann Georg Theodor
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Sachsen
- Inhalt: Zeit: Mittelalter, Neuzeit
122
Erhaltung dieser undankbaren Königskrone August's Erblanden kostete,
trat der innere Verfall der polnischen Nation immer mehr zu Tage.
Für Sachsen aber hatte diese verhängnißvolle Erwerbung noch ganz andere
Folgen, denn, abgesehen davon, daß Chursachsen nach dem Religions-
wechsel seines Herrn, trotzdem, daß es das Direktorium des sogenannten
Corpus 6vang6licorum äußerlich behielt, in der That nicht mehr das
Haupt der protestantischen Reichsstände in Deutschland sein konnte, son-
dern diese Stelle Churbrandenburg einräumen mußte, trotzdem daß für
immer dadurch die Anwartschaft der Erbfolge des Hauses Wettin in dem
streng protestantischen Dänemark verloren war, daß mehrere sächsische
Gebietstheile von August verkauft und verpfändet werden mußten, um
nur die theuer erkaufte Krone erhalten zu können, (er verkaufte die
Ansprüche auf Lüneburg an Braunschweig-Lüneburg, die Erbvogtei
über Quedlinburg sammt dem Reichsschulzenamt zu Nordhausen an
Brandenburg, den albertinischen Antheil der Landeshoheit über Henne-
berg an Sachsen-Zeitz, und das Amt Petersberg, das letzte Ueber-
bleibsel der Stammgrafschaft Wettin an Brandenburg) brachte er
auch durch den seines neuerworbenen Königsreichs wegen unter-
nommenen sogenannten nordischen Krieg unsägliches Elend über feine
Erblande.
Nicht zufrieden durch den Frieden von Carlowitz, für Polen die
Ukraine und Podolien vom Sultan erhalten zu haben, dachte er darauf,
das von Gustav Adolph den Polen entrissene und von diesem im
Frieden zu Oliva (1660) an Schweden abgetretene Liefland wieder zu
gewinnen. Er trat deshalb, vorzüglich durch die leeren, wenn auch von
seiner Seite patriotischen Vorspiegelungen des liefländischen Edelmanns
Johann Reinhold von Patkul bewogen, in ein Bündniß mit Peter
Dem Großen von Rußland und Christian V. (und nachher Friedrich
Iv.) von Dänemark gegen den jungen, erst 16jährigen König von
Schweden, Karl Xu., der ihnen wenig gefährlich schien. Allein es
kam anders, als die drei verbündeten Fürsten erwartet hatten. Karl
zwang Friedrich Iv. nach kurzem Kampfe zum Frieden von Travendal
(28. August 1700), vernichtete das russische Heer bei Narwa (30. No-
vember), eroberte Liesiand (1701) und rückte schon im Mai 1702 in
Warschau ein, wo ihn der Cardinal Primas, der früher schon August's
Gegner gewesen war, mit offenen Armen empfing. Von hier zog er
vor Krakau, welches er, nachdem er den Churfürst bei Clissow (19. Juli
1702) geschlagen, einnahm; besiegte das tapfere sächsische Heer aber-
mals bei Pultowsk (1. Mai 1703) und nachdem auch Thorn, Posen