1855 -
Dresden
: Meinhold
- Autor: Gräße, Johann Georg Theodor
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Sachsen
- Inhalt: Zeit: Mittelalter, Neuzeit
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Sein neuer Gesandter von Maltzahn wußte einen gewissen in jenem Ge-
heimen Cabinette als Secretär angestellten Friedrich Wilhelm Menzel,
den Liederlichkeit und Prunksucht in schlechte Verhältnisse gebracht hatten,
durch große Versprechungen zu gewinnen, und dieser elende Verräther
lieferte ihm dann von 1753 — 56 wöchentlich Abschriften aller die zwi-
schen den Höfen von Dresden, Petersburg und Wien gepflogenen Un-
terhandlungen betreffenden Documente. Doch sollte der Ehrlose, der
durch seine Handlung seinen Namen für immer geschändet hat, davon
keinen Gewinnchaben, er fiel später auf seiner Flucht aus Polen, wohin
er seinem König gefolgt war und wo seine Untreue entdeckt ward, in
Böhmen den Oesterreichern in die Hände, die ihn 1763 an Sachsen
auslieferten, und ward auf den Königstein gebracht, wo er in harter
Gefangenschaft 33 Jahre nachher (26. Mai 1796) starb.
Friedrich U. beschloß nun, nachdem er durch Menzels Mittheil-
ungen die Gewißheit erlangt hatte, daß er wahrscheinlich im Frühlinge
des Jahres 1757 von den Russen einen Angriff zu erwarten habe, sei-
nen Feinden zuvor zu kommen und deshalb in Böhmen einzufallen.
Zuvor mußte er aber das sächsische Heer unschädlich machen, auf dessen
Unthätigkeit er bei Brühls geheimen Plänen nicht rechnen durfte. Er
rückte also ohne vorherige Kriegserklärung mit 60,000 Mann in Sach-
sen ein (29. August 1756) und besetzte Dresden, welches der Churfürfl
mit seinen Prinzen Karl und Laver in Begleitung Brühls verlassen
hatte, um sich in den Schutz seines bei Pirna zusammengezogenen Heeres
zu begeben.
Jetzt hätte eigentlich Friedrich August Gelegenheit gehabt, über die
Täuschungen seines Ministers ins Klare zu kommen, denn statt
30,000 wohlausgerüsteter Truppen, die laut der Berechnung der von
den Ständen bewilligten, vom Lande aber nur mit Mühe aufgebrachten
Summen hätten da sein sollen, waren kaum 17,000 schlechtgekleideter
und noch schlechter bezahlter Soldaten vorhanden. Während nun die-
selben von einem Theile des preußischen Heeres in ihrer allerdings fast
uneinnehmbaren Stellung in der jetzt sogenannten sächsischen Schweiz
eingeschlossen waren, besiegte Friedrich !I. die Oesterreicher bei Lowositz
(1. October 1756). Zwar versuchte der wackere kaiserliche Feldmarschall
Brown mehrmals das sächsische Heer, welches von aller Zufuhr abgeschnit-
ten war, zu entsetzen, allein vergebens: um nicht selbst in dieselbe Lage
zu kommen, mußte er seinen Rückzug antreten und die Sachsen wurden,
nachdem sie 72 Stunden lang fast ohne Nahrung gewesen waren, genö-
thigt, noch 14,000 Mann stark, sich zu ergeben (15. und 16. October).