1861 -
Eisleben Leipzig
: Klöppel G. E. Schulze
- Autor: Nitzelnadel, Friedrich August
- Hrsg.: Christlicher Verein im Nördlichen Deutschland
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Konfession (WdK): Evangelisch-Reformiert
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jungen Polen, der, wie ein Uhlan gekleidet und die polni-
sche Mütze tragend, an der Spitze eines Zugs von unge-
gefähr 200 Leuten heranmarschirt kam. Mit dem Rufe:
„Es lebe die Freiheit!" schwingt er einen krummen Säbel.
Ihm folgen ein Trommler, dann mehrere Fahnenträger mit
rothen und gelben Fahnen, und hierauf seine Mannschaften,
auf die buntscheckigste Weise bewaffnet. Gegen 5 Uhr
wurde die erste Kartätsche gehört, welche von der Kurfürsten-
straße her die Königsstraße bestrich, in der bis zum
Aleranderplatz hin in kurzen Zwischenräumen eine Barrikade
hinter der andern fest und hochgethürmt sich erhob. Erst
gegen 7 Uhr wird diese Straße von den mit Muth und
Erbitterung kämpfenden Soldaten eingenommen. Sie
schwimmt ganz in Blut, die Häuser sind mit Todtcn und
Verwundeten überfüllt. Um diese Zeit beginnt durch die
Stadt ein schauerliches Sturmläuten, welches von bewaff-
neten Handwerkern, die die Kirchthürme erstiegen haben, die
ganze Nacht unterhalten wurde.
Mehrere Stunden später erst erhob sich der Kampf
nach der andern Seite des Schlosses hin, wo die Brüder-
straße, Breitestraße und Roßstraße einen volkreichen Bezirk
bilden. Noch schien es Zeit, hier einem ernsten Kampfe
vorzubeugen, und mehrere angesehene Bürger, an ihrer
Spitze der Bischof Ncander, vereinten sich zu einer Depu-
tation an den König, um ihn um das Zurückziehen des Mi-
litärs zu bitten. Auch der Serrat der berliner Universität
that ein Gleiches und sandte eine Deputation von Profes-
soren mit derselben Bitte an derr König ab. Allerdings
ging auch durch das Herz des edeln und volksfreundlichen
Königs ein tiefes Mitleid mit seinem großentheils durch
fremde Aufwiegler irregeleiteten Volke; allein er mußte diese
Bitte abschlagen in Betracht der mit Treue und Ausdauer
für den Thron und die Ordnung kämpfenden Truppen,
die jetzt in dem Abzug eine Schande und einen Sieg der
Empörer hätten erblicken müssen, und in Betracht, daß die
von Gott geordnete Obrigkeit das Schwert nicht umsonst trägt,
sondern zur Rache über die Uebelthäter und zu Lobe der
Frommen.
Die Nacht des Aufruhrs und des Schreckens, die über
Berlin hereingebrochen war, war eine milde und schöne
Frühlingsnacht. Der Vollmond stand glänzend am Him-
mel und streute sein weißes taghelles Licht heiter und feier-
lich über alle Straßen und Plätze aus. Um so schauerli-