1858 -
Leipzig
: Mayer
- Autor: Kirchmann, Peter Friedrich
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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Auf den Universitäten werden alle diese Wissenschaften im vollen
Umfange und demnach viel umfangsreicher als auf Schulen gelehrt,
außerdem aber noch sogenannte Facultäts-Wissenschusten, welche nur
auf der Universität gelehrt werden, und durch deren Studium sich die
Lernenden zu einem bestimmten wissenschaftlichen Berufe vorbereiten.
Die Facultäten der Universitäten sind vier, nämlich die Theologie,
die Medicin, die Rechtswissenschaft oder Jurisprudenz und die phi-
losophische Faeultät. Die Geistlichen studiren auf der Universität die
Theologie, die Aerzte die Medicin, die weltlichen Beamten und Ad-
vokaten die Jurisprudenz und alle übrigen Wissenschaften werden zu
der philosophischen Faeultät gerechnet, darum zählen die Philologen
(Kundige der alten Sprachen und der griechischen und römischen
Schriftsteller), die Mathematiker, Naturkundige und wirkliche Phi-
losophen alle zur philosophischen Facultät. Die Geschichte der Theo-
logie ist mit der Geschichte der Religion verbunden und gehört nicht
hierher.
g. Medicin.
In dem natürlichen Zustande, worin das freie, wilde Thier
lebt, wird es nicht krank, weil es den von der höchsten Hand ihm
vorgezeichneten Naturtrieben folgt; wird aber das frei und wild le-
bende Thier durch eine äußere Veranlassung verletzt und in Folge
dessen unfähig, seinen nothwendigen Lebensverrichtungen nachzu-
gehen, so erscheint ihm das Raubthier als Helfer und Arzt, welches
seine Schmerzen endigt, oder es von einem gestörten Leben befreit
durch schnellen Tod.
Der Mensch nun — weniger durch Naturtriebe geleitet und gar
nicht gefesselt, wie das Thier — hat seine Freiheit früh zur Abwei-
chung von den Gesetzen der Natur gemißbraucht und ist in Folge des-
sen immer mehr in Krankheit und Schmerzen gerathen. Da nun die
Lebenserscheinungen des Kranken sich so ausfallend und wesentlich
von denen eines Gesunden unterscheiden, so lag bei rohen Menschen
die Annahme nahe, das Eintreten der Krankheit sei das Einziehen