1858 -
Stuttgart
: Schweizerbart
- Autor: Pleibel, August Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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meist, daß Reinlichkeit und Sauberkeit angestrebt wird. Zn den
Städten dagegen herrscht mehr Sorgfalt in der Bauart: die Häuser
find im Allgemeinen ansehnlicher, häufig aus Quadern oder Back-
steinen, und mehr in regelmäßigen, geraden, breiten Straßen und
Gassen aufgeführt. Durch ihre Regelmäßigkeit zeichnen sich nament-
lich Ludwigsburg, die neueren Stadttheile von Stuttgart; ferner Göp-
pingen, Kirchheim, Balingen, — die letzteren in Folge großen Brand-
unglücks — aus.
Nicht weniger einfach, als in feiner Wohnung, ist der Bewohner
unseres Gebiets in seiner Kleidung und feiner Kost, und wenn '
auch bezüglich der ersteren in größer» Dörfern und Marktflecken und noch
mehr in Städten und Städtchen und deren nächster Umgebung die
alte schwäbische Tracht durch die ewig wechselnden Moden, wodurch
Paris auch das deutsche Land beherrscht, verdrängt worden ist, und hier
ein nicht selten die Sittlichkeit untergrabender Luxus stattfindet, so
ist doch das Landvolk einem großen Theile nach seiner väterlichen
Tracht treu geblieben, und der Bauer ans dem Welzheimerwald
z. B. trägtauch auch heute noch, wie vor Zeiten seine schwarze, kurze
Lederhosen, eine schwarze manchesterne Weste mit einer Reihe von 20
und mehr weißmetallenen Kugel- oder Halbkugelknöpfen, einen dunkel-
blauen Tuchrock oder von schwarzgefärbter Leinwand mit langen
Schößen, kurzer Taille, aufrechtstehendem Kragen und einer Reihe
großer flacher Metallknöpfe, wozu noch ein schwarzseidenes oder wol-
lenes Halstuch, ein sogenannter Dreispitz und Lederstiefel mit langem,
weichem Rohr, heransgezvgen bis ans Knie und hier festgebnndcn,
kommen. Eine silberbeschlagene Tabakspfeife ans Maser mit einer
silbernen Kette darf dem wohlhabenden Burschen am Sonntag nicht
fehlen. An die Stelle der kurzen Lederhosen und des Tuchrocks treten
am Werktag gewöhnlich kurze oder auch lange leinene (zwilchene)
Beinkleider von grauer oder schwarzer Farbe und ein „Kittel" von
gleichem Stoffe. — In den im Ganzen wohlhabenderen Fruchtgegenden
tritt die gelbe Lederhose und die rvthe Weste, bei den jungen Burschen
die pelzverbrämte Sammetmühe ohne Schild mit Gold- oder Silber-
tressen und oben einer Quaste, auf. Der Handwerker kleidet sich
mehr und mehr nach der jeweilig herrschenden Mode, meist in wollene
Stoffe, während die Kleidung des Weingärtners fast durchaus leinen ist.
Die Tracht des weiblichen Geschlechts ist auch auf dem Lande
schon mehr verschieden, und während im Allgemeinen bei den Pro-