1858 -
Stuttgart
: Schweizerbart
- Autor: Pleibel, August Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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schaft, an Festen und auf Reisen eine fürstliche Pracht und in Folge
derselben ein Aufwand, dessen Deckung nur durch unwürdige Mittel
und zudringliche Forderungen möglich wurde; — das Alles erfüllte
die Herzen der Gutgesinnten mit Trauer.
Einmal auf der schiefen Bahn des Verderbens angekommen,
trieb der Herzog, irre geführt von schlimmen Rathgebern, die seinen
Neigungen und Leidenschaften zu schmeicheln wußten, immer rascher
vorwärts und untergrub, wie sein eigenes, so auch das Wohl seines
Volkes.
Als solcher schlimmen Rathgeber und gewissenloser Werkzeuge
in Ausführung der ungerechtesten Entwürfe führen wir an den
Hauptmann Fr. Rieger, den Grafen Moutmartin und Lorenz Witt-
leder. Siehe Hohentwiel!
Hatte Rieger namentlich während des siebenjährigen Krieges
(1756 — 63) sich dem Herzog unentbehrlich zu machen gewußt durch
Stellung großer Truppenmassen, so wurde Montmartin mit jedem
folgenden Jahre um so nothwendiger, als er es war, der die Mittel
zur Deckung der unerschwinglichen Ausgaben des Herzogs, veranlaßt
durch dessen Vorliebe für das Kriegswesens durch seine große Bau-
lust^ und den unmäßigen Aufwand am Hofe1 2 3 aufzubringcn hatte.
Er lag beständig im Hader mit der Landschaft, welcher er, da sie der
fortwährenden Eingriffe in die Rechte des Landes sich widersetzte, end-
lich geradezu erklärte, „die Forderungen des Herzogs seien als ab-
solute Befehle anzusehen und die Pflicht des Landes sei unbedingte
Unterwerfung ohne alle Widerrede". Wittleder endlich warein vor-
treffliches Werkzeug, neue Geldquellen aufzufindeu, wobei er aber
nicht vergaß, seinen Beutel neben der Kasse des Herzogs zu füllen.
Es wäre ein trauriges Geschäft, alle die gesetzwidrigen Schritte
des damaligen Regiments hier aufzuzählen; es genügt zu sagen,
1 Das stehende Militär war während des siebenjährigen Krieges auf
17,000 Mann angewachsen.
2 In kurzer Zeit entstanden eine Menge Bauten, die Millionen kosteten,
und von denen wir hier nur die Solitude und Hohenheim anführcn.
3 Mehr als zwanzig Fürsten und Reichsgrafen des Auslandes lebten
an demselben; im Marstall standen 6vo der schönsten und theuersten aus-
ländischen Pferde; ein einziger Tänzer erhielt für sechs Monate 12,000 fl.
und eine einzige Oper kostete manchmal 100,000 fl., während ein Geburts-
tag auf 3-400,000 fl. kam, und in manchem Feuerwerk 40 — 50,000 fl.
in Rauch aufgingen.