1858 -
Stuttgart
: Schweizerbart
- Autor: Pleibel, August Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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Am 28. November 1762 erschien der Herzog auf dem Paradeplatz, wo,
wie gewöhnlich, eine große Anzahl von Offizieren nebst einer zahlreichen
Truppenschaar versammelt war. Rieger, durch Unpäßlichkeit zu Hause
gehalten, wurde durch einen Adjutanten herbeigerufen. Und als nun der
Herzog seiner ansichtig wurde, ging er raschen Schrittes auf ihn zu, riß
ihm mit dem lauten Rufe: Schändlicher Verräther! den Orden von der
Brust und Montmartin nahm ihm den Degen ab, zerbrach denselben und
warf ihm die Stücke vor die Füße. Rieger stand wie voni Blitz getroffen
und vermochte kaum die Worte zu stammeln: „Euer Durchlaucht sind
falsch berichtet!" „„Nur zu gut berichtet!"" erwiederte der Herzog, stieß
ihm mit dem Stock auf die Brust und rief zürnend: „„Fort mit dem
schlechten Kerl!"" Und unter militärischer Bedeckung wurde er alsbald
nach Hohen-Asberg und später nach Hohen-Twiel abgeführt. Ueber vier
Jahre hatte er hier in einem unterirdischen Gefängniß die Qualen eines
verschärften Gewahrsams zu tragen, ohne ein menschliches Antlitz zu sehen;
dann erhielt er seine Freiheit wieder. 9 Jahre später, 1775 ward ihm
gestattet, sich dem Herzog wieder zu nähern, der sein Unrecht — denn
Jedermann war überzeugt, das; Montmartin durch Fälschung von Papieren,
oder sonst einen Betrug, ihn zu Grunde gerichtet hatte — dadurch wieder
gut zu machen suchte, daß er ihn zum Befehlshaber der Feste Asberg und
zum Generalmajor ernannte, welche Stelle Rieger bis zu seinem Tode
bekleidete. —
Als mit der Zeit allmählig ein Umschwung der Dinge, namentlich
durch Kaiser Josephs Ii. Einfluß in der Weise sich gestaltete, daß das
Recht wieder Schutz fand, da bat Mvntmartin, „um kein Hindernis; der
Wiederherstellung des vollkommenen Vertrauens zwischen Herr und Land
zu sein", um seine Entlassung und erhielt dieselbe unter Entbindung von
aller Verantwortlichkeit mit einem Jahrgehalt von 4000 fl. Zu gleicher
Zeit entwich auch Wittleder, der keinen Schutz gegen die Rache des Landes
zu finden hoffte, nach Heidelberg, wo er — ein von der Angst seines Ge-
wissens gescheuchter Missethäter — sein, verächtlicher Knechtschaft und
schändlichem Wucher gewidmetes Leben wenige Jahre spater endete. —
Doch — auch wackere Männer schmachteten in den Felsengemächern
auf Hohentwiel; so namentlich
Johann Jakob Moser,
geb. 1701, gest. 1798.
Er ist unter den ächtpatriotisch gesinnten Biedermännern, welche in
der Geschichte Württembergs uns entgegentreten, einer der berühmtesten.
Geboren den 18. Januar I70i zu Stuttgart hatte er die dortigen Bildungs-
anstalten aufs beste benützt, hierauf die Rechte studirt und war 1720 schon
Professor in Tübingen. Später wurde er nach Wien berufen, wo er blieb,
bis er 1736 als Geheimerath und Direktor der Universität zu Frankfurt
a. d. O. in preußische Dienste trat. Im Jahr m, kehrte er ins Vater-
land zurück und leistete demselben als Consulent der Landschaft die wichtigsten