1865 -
Langensalza
: Greßler
- Autor: Mauer, August
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt: Zeit: Altertum, Mittelalter, Neuzeit
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bu nicht, daß bu König bist, und die nicht, daß sie Unterthanen
sinb.« — »Aber«, sprach Astyages, »wenn Sein Vater trinkt, be-
rauscht er sich nie?« — »Nie!« — »Und was macht er denn?«
— »Er hört auf zu bürsten, sonst nichts.« — Durch diese und
ähnliche Einfälle machte sich Cyrus sehr beliebt. Astyages ließ ihn
reiten und jagen lernen und erlaubte ihm alles. Cyrus wurde mit
jedem Tage männlicher, und da er sich in einem kleinen Kriege mit
einem benachbarten Volke hervorgethan hatte, wurde er der Abgott
des ganzen Volkes.
Cyrus konnte es nicht vergessen, daß er ein Perser war, und
hatte nicht länger Lust, mit seinem tapfern Volke einem weibischen
Könige zu gehorchen. Er stellte sich an die Spitze seiner Perser,
bekriegte und überwand die Meder. Ein mächtiger König in Klein-
asien aber, der wenigstens seines Reichthums kein Ende wußte,
Krösus von Lydien, wollte den Cyrus mit seinen Persern ver-
nichten. — Er wurde von Cyrus geschlagen, seine Stadt Sardes
von den Persern erobert und Krösus gefangen. Man errichtete einen
Scheiterhaufen, um Krösus zu verbrennen. In den Flammen schrie
der Unglückliche: »O Solon! Solon! Solon!« — Cyrus wurde
begierig zu wissen, wen er riefe, befahl den Scheiterhaufen zu
löschen und den Krösus vorzuführen. Dieser erzählte: »O Cyrus!
es werden wenige Menschen sein, die vom Glück so hoch erhoben
und von ihm so tief gestürzt worden sind, als ich. Ich habe ein
großes Reich beherrscht und war der reichste König in Asien. Ich
glaubte auch, ich wäre der glücklichste.
Einst kam ein weiser Mann ans Griechenland, mit Namen Solon,
zu mir. Ich ließ ihm alle meine Schätze zeigen und war eitel ge-
nug zu hoffen, er werde über meine Reichthümer erstaunen und
mich glücklich preisen. Als er aber schwieg und das alles nur an-
sah, sagte ich zu ihm: Solon! du bist so weit in der Welt herum-
gereist und hast so viele Menschen gesehen; sage mir: wen hälft du
für den glücklichsten? Solon antwortete: Eineil Bürger von Athen,
Tellns. Ich wunderte mich, daß er einen gemeinen Bürger mir
vorzöge, und fragte weiter, warum er den für glücklich hielte. Er
sprach: dieser Tellns hat sein genügendes Auskommen, gelangte glück-
lich und zufrieden zu einem hohen Alter und starb einen rühmlichen
Tod für sein Vaterland. Er hatte ein schönes Ende.
Als ich das hörte, fuhr Krösus fort, konnte ich meinen Ver-
druß nicht länger halten, sondern sagte: Solon, so sehr verachtest
du meine Glückseligkeit, daß du diesen mir vorziehst? Und Solon
antwortete: O Krösus, in einer langen Zeit muß der Mensch vieles
sehen, was er nicht zu sehen wünscht, und vieles leiden, was er
gern abwenden möchte. Du, o Krösus, bist ein Herr vieler Güter
und vieler Völker; aber ich werde dich nicht eher glücklich preisen,
bis ich weiß, daß du auch ein glückliches Ende gehabt habest; denn
Geschichtsbilder. 2te Aufl. g