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1. Geschichts-Bilder - S. 344

1865 - Langensalza : Greßler
344 Arbeit ober erth eilte Audienz. Um 7 Uhr Abends besuchte er das Theater oder eine Gesellschaft, welche in der Regel immer aus denselben Personen bestand und in der sich Joseph als der liebens- würdigste Privatmann zeigte. Wenn er zurückkehrte, arbeitete er abermals, indem er eingelaufene Berichte und Depeschen durchflog und Ausfertigungen Unterzeichnete. Gegen ll Uhr begab er sich zu Bette, wenn nicht wichtige Geschäfte den Schlaf ihm verscheuch- ten. Gab es viel zu thun, so arbeitete er tief in die Nacht hinein und mußte oft von seinen Dienern erinnert werden, seine Gesund- heit nicht ganz und gar zu vergessen. Wenn Gefahr war, z. B. Feuersnoth, eilte er stets zur Hilfe herbei, griff eifrig mit an, ermunterte die Umstehenden und leitete die Rettungsanstalten mit bewunderungswürdiger Besonnenheit. Dann vertheilte er Geld unter die Leute, wie er denn nie ausging, ohne ein Summe von 100 Dukaten beizustecken, die im Laufe des Tages an Arme oder Leidende gespendet wurden. — Joseph liebte sein Volk und wünschte von ihm geliebt zu werden. So öffnete er den bisher nur dem Adel zugänglichen Augarten allem Volke zur Be- lustigung und setzte über den Eingang die Inschrift: »Allen Menschen gewidmeter Erlustigungsort von ihrem Schätzer.« Als die adeligen Herren sich beklagten, daß sie nun nirgend mehr ein Plätzchen hätten, wo sie ganz ungestört unter sich sein könnten, erwiderte Joseph: »Wenn ich immer nur unter meines Gleichen leben wollte, so müßte ich in die Kapuzinergruft hinabsteigen, wo meine tobten Ahnen ruhen, um hier meine Tage zuzubringen.« Niemand von seinen Umgebungen vermochte so viel zu leisten, wie er; er regierte allein und fünf Kabinetssekretäre vollzogen seine Befehle und schrieben seine Diktate nieder. Bei dieser Thätigkeit, die immer nur das Beste des Volks bezweckte, war es nicht zu verwundern, daß das Volk seinen Herrscher liebte; aber der Adel und die Geistlichkeit glaubten, ihn fürchten zu müssen. Joseph hob die Verbindung zwischen den Ordensleuten und dem Papste auf, verminderte zum Theil die früher ausgesetzten Pensionen, verbesserte die Lage der Juden, vernichtete die letzten Spuren der Leibeigen- schaft und zog eine Menge Klöster ein. Alle Zweige der Staats- verwaltung, das Kirchenwesen, die Schulen, die Polizei, der Landbau wurden verbessert. In Folge mannichsacher Neuerungen empörten sich die Ungarn und Niederländer gegen ihn und verbitterten ihm die folgenden Jahre seiner Regierungszeit. Schon im Januar 1790 fühlte er, daß sein Körper erliege und mit schnellen Schritten dem Grabe zueile; aber noch arbeitete er bis zum letzten Tage seines Lebens. Am 19. Februar 10 Uhr Abends entließ er seine Sekretäre und ließ seinen Beichtvater kommen. Die wichtigsten Angelegenheiten des Staates waren der Gegenstand seiner letzten Phantasieen. Er betete: »Herr, der Du allein mein Herz
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