1865 -
Langensalza
: Greßler
- Autor: Mauer, August
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt: Zeit: Altertum, Mittelalter, Neuzeit
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Die Entschädigungsfrage trat hier in den Vordergrund, wie es
auch nicht anders sein konnte. Oesterreich, das am meisten verloren
hatte, befand sich in der glücklichen Lage, mit seinen Ansprüchen den
übrigen Staaten nicht zu nahe treten zu brauchen. Nur auf einem
Punkte berührte es sich mit Baiern, die übrigen Länder, die es
forderte, waren theils alte eigene Besitzungen, theils Theile von
Staaten (Königreich Italien und Venedig), an deren Wiederherstellung
Niemand dachte. Es erhielt schließlich Galizien, die illyrischen Pro-
vinzen und (von Baiern) Tyrol und Salzburg zurück, dazu das ehe-
mals venetianische Dalmatien bis zum Meerbusen von Kattaro, end-
lich das jetzige lombardisch - venetianische Königreich, die Länder
zwischen dem Tessin, dem Po und feem adriatischen Meere mit dein
Theil von Mantua südlich am Po. — Baiern tauschte gegen seine
Abtretungen an Oesterreich Würzburg, Aschaffenburg und das linke
Rheinufer am Elsaß bis an die Mosel ein. — Hannover erhielt
Hildesheim, Goslar, Ostfriesland, westphälische Gebietstheile und
ein Stück des Eichsfeldes, wofür es Lauenburg abtrat, das zuerst an
Preußen kam, dann aber von diesem an Dänemark ausgetauscht wurde.
Die größten Schwierigkeiten bot die Entschädigung Preußens dar.
Auch die Ansprüche Rußlands waren nicht leicht zu befriedigen.
Daß Preußen für seine großen Opfer, für seine Abtretungen an
Baiern (die fränkischen Fürstenthümer Anspach und Baireuth) volle
Befriedigung erhalten müsse, darüber war Alles einverstanden; nur
in dem zu wählenden Entschädigungsgegenstande lag die Schwierig-
keit. — Hier bot sich hauptsächlich Sachsen dar, das man bisher
im Namen der Verbündeten halb als erobertes Gebiet verwaltet
hatte und dessen König fortwährend als Gefangener behandelt wurde.
Nun erhoben sich die Schwierigkeiten. Preußen forderte ganz Sachsen,
um Polen, das es für Rußland bestimmte, vollkommen los zu wer-
den. Der Kaiser Alexander, der bei einer solchen Bestimmung seine
polnischen Besitzungen mit Posen ausrundete, unterstützte diese For-
derung. Oesterreich mußte dagegen die theilweise Erhaltung des so
lange verbündeten Sachsens wünschen. Es fand hierin Unterstützung
von England und Frankreich. Letzteres ergriff begierig die Gelegen-
heit, trotz seiner Niederlage, ein gewichtiges Wort in den europäischen
Angelegenheiten mitreden zu dürfen. Dieser Zwiespalt nahm eine
Zeitlang eine drohende Gestalt an; denn Oesterreich, England und
Frankreich schlossen ein geheimes Bündniß, dessen Zweck es war,
weder Rußland in den Besitz Polens, noch Preußen in den Besitz
Sachsens gelangen zu lassen. Ein jeder der erstgenannten Staaten
verpflichtete sich, 150,000 Mann zu stellen. Kaiser Franz that so-
gar die Aeußerung: »Der König von Sachsen muß sein Land wie-
der haben, sonst schieße ich!« — So ward unter gleißendem Scheine
schnöder Trug gegen Preußen verübt, dessen Hauptvertreter der
Minister Hardenberg war.