1845 -
Berlin
: Klemann
- Autor: Duller, Eduard
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
Heinrich Ii.
107
dennoch versuchte er in Kärnthen das königliche Recht festzuhalten: die
Herzogswürden als Beamtenstellen zu vergeben. Aus wahrer Herzensfröm-
migkeit demüthigte er sich vor den Geistlichen, welche doch die Nebenbuhler
der Fürsten waren; so warf er sich einst in Frankfurt am Main vor den
Bischöfen zu Boden, um von ihnen die Erlaubnisi zu erlangen, daß er zu
Bamberg ein Bisthum stiften dürfe. Und dennoch leistete er einst, ebenfalls
aus Frömmigkeit, dem Domkapitel zu Trier kräftig und unbeugsam Wider-
stand, als dieses, um seiner Gemahlin Kunigunde wohlgefällig zu werden,
ihren Bruder Adalbert zum Erzbischof gewählt hatte, welchen er noch allzu-
jung und zur Würde unfähig befand; darüber ward im Reich ein großer
Zwiespalt, welcher Jahre lang dauerte, und er entsetzte darüber sogar seinen
andern Schwager, den Baierherzog Heinrich, des Herzogthums, weil der-
selbe dem Adalbert bcistand. Mit aller Macht wollte er, gleich seinen Vor-
fahren, das königliche Ansehen in der sturmvollen Zeit aufrecht halten; und,
je eifriger er dafür kämpfte, um so weniger gelang es ihm doch. So rieb
er sich im Kampf gegen lauter augenblickliche Verlegenheiten auf.
Indessen gaben's die Italiener immer deutlicher zu erkennen, daß sie
nicht länger von den Deutschen abhängig sein mochten, sondern sich als
selbstständiges Volk behaupten wollten. Gleich nach dem Hinscheiden
Ottos Hi. hatten sie den Markgrafen Harduin von Jvrea zu ihrem
König gewählt. Aber die italienischen Bischöfe waren gegen ihn und rie-
fen (1004) den König Heinrich Ii., der als Freund und Beschützer der
Geistlichkeit bekannt war, aus Deutschland herbei, empfingen ihn mit großen
Freuden und krönten ihn in der Stadt Pavia als König Italiens. In
dör Nacht nach dem Krönungstag standen jedoch die Bürger Pavia's gegen
die wenigen Deutschen auf, welche beim König in der Stadt waren, und
stürmten Heinrichs Palast, daß er sich durch einen Sprung durchs Fenster
retten mußte; die Deutschen um ihn deckten ihn fechtend mit ihren Herzen,
bis die, welche draußen im Lager waren, zum Kampf und zur Rache her-
beisprangen. Ein so schlimmer Willkomm verleidete ihm Welschland, und
er zog alsobald wieder nach Deutschland heim. Als er aber fort war, miß-
achteten die Italiener sein königliches Ansehen erst recht rrnd Harduin wal-
tete nun aufs Neue als Herrscher bis zum Jahr 1013. Eben so lang
blieb auch der Kaiserthron ledig; denn bei den Völkern stand nun die Mei-
nung fest, daß das deutsche Königthum die Grundlage der Kai-
serwürde sei. In Rom aber übte die Parthei des Patriciers Johan-
nes (eines Sohns des Hingerichteten Crescentius) großen Einfluß und be-
drängte den Papst Benedikt Viii., bis dieser den deutschen König um
Schuh anrief. Mit größerer Macht, als das erstemal, kam nun Heinrich' Ii.
1013 nach Italien, verscheuchte den Harduin in ein festes Schloß und zog 1014
nach Rom, wo ihn der Papst zum Kaiser krönte. Schon nach acht Tagen
ließ jedöch auch das römische Volk seinem Haß gegen die Fremden freien
Lauf und der Kaiser kehrte abermals nach Deutschland zurück, ohne sein
Ansehen in Italien befestigt zu haben. Da begann Harduin in Italien das
alte Spiel aufs Neue; doch bald siegte ihm die deutsche Parthei ob; siech
und am Glück verzweifelnd ward Harduin ein Mönch'im Kloster Fruttua-
ria und starb darin im Jahr 1015. Sechs Jahre darnach entschloß sieb
Kaiser Heinrich (abermals auf Bitten des Papstes) zu einem dritten Heer-
zug nach Italien, um die Griechen in Unteritalien zu bekämpfen, wo
diese, im Verein mit den Arabern (oder Sarazenen), über die Nachkommen
der Longobarden gewaltig geworden waren und die Besitzungen des Pap-