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1. Die Geschichte des deutschen Volkes - S. 136

1845 - Berlin : Klemann
136 Drittes Buch. Vierter Abschnitt mich so weit gebracht, falle die Verantwortung!" Erschüttert erkannte das Volk in Rudolfs Tod ein Gottesurtheil. Aber Otto von Nordheim, der jetzt selbst nach der Krone trachtete, und der gewaltige Gregor Vii. ga- den nicht nach, und der Letztere ermahnte die Deutschen eifrig, sich einen neuen König zu erwählen, welcher der Kirche treu und gehorsam sei. Heinrich Iv. war indessen in der Schule der Erfahrung ein ganz ande- rer Mann geworden, als wozu er in der Schule seiner eigennützigen Er- zieher herangebildet worden war. Er sah ein, daß Gregor Vii. nicht seine Person allein, sondern das Königthum und die Selbstständigkeit der deut- schen Nation bekriegte. Drum beschloß er kühn, seinen Gegner in dessen eigner Heimath aufzusuchen und zu bekämpfen. Gerade damals war Gre- gors Vii. mächtige Freundin, die Markgräfin Mathilde, durch die kaiserliche Parthei hart bedrängt, und auf die Hilfe der Normannen in Unteritalien konnte Gregor nicht fest rechnen. Heinrich Iv. wußte dies und zog gegen Rom. Dreimal belagerte er diese Stadt, beim vierten Male (1084) er- oberte er sie endlich, und bot jetzt dem Papst die Hand zur Versöhnung, damit er ihm die Kaiserkrone aufsetzen wolle. Aber Gregor, auch im Un- glück muthig und standhaft, gab ihm zur Antwort: „Nimmermehr! Frevel ist's, einen Verfluchten zu salben und zu weihen! Lieber leid' ich den Tod, als ich solch Unrecht thu'l" Da ließ Heinrich Iv. den Clemens Iii. feier- lich als Papst anerkennen und empfing aus dessen Hand die Kaiserkrone. Hierauf schloß er den Papst in der Engelsburg ein und belagerte ihn, bis daß die Normannen zu Gregors Befreiung heranstürmten. Da sah sich der Kaiser gezwungen, Rom zu verlassen. Nun aber hausten die wilden Normannen so übel in der Stadt, daß die Römer sich zum Kampf gegen sie erhoben; da ließ der Normannenfürst Robert Rom in Brand stecken. Gregor aber traute den Römern nicht mehr und entfloh nach Salerno; dort schleuderte er aufs Neue den Bannfluch über Heinrich Iv. Weder Alter noch Unglück vermochten die feste Willenskraft Gregors zu erschüt- tern. Er blieb sich selbst und seinem Werk getreu bis in den Tod. Und als er zu Salerno in seiner Verbannung schwer erkrankte, erledigte er, kraft der Gewalt zu binden und zu lösen, alle Gebannten vom Kirchenfluch, nur Heinrich Iv. und den Gegenpapst Clemens Iii. nicht; hierauf nahm er sämmtlichen Bischöfen, die um sein Todbette standen, Wort und Handge- löbniß drauf ab, daß sie jene Beiden nie vom Bann erledigen sollten, außer wenn sie ihre Würde niedergelegt und sich der Kirche völlig unterworfen hätten. Sterbend sprach er noch aus tiefster Uebcrzeugung: „Ich liebte Gerechtigkeit und haßte Gottlosigkeit; drum fterb' ich in Verbannung." So schied sein kühner, hochgewaltiger Geist am 25. Mai 1085 ungebeugt und beharrlich vom irdischen Leben. Sein ungeheures Werk aber, die Herrschaft der römischen Kirche, überlebte ihn. Während Heinrich Iv. sich in Welschland befand, hatten seine Feinde in Deutschland anstatt Rudolfs (1081) den Grafen Hermann von Lu- remburg als neuen Gegenkönig erhoben. Das war ein reicher und tapf- rer Herr; demungeachtet vermochte er dem Kaiser nicht die Spitze zu die- ten. Denn obwohl auf Heinrich der Fluch der Kirche und der Haß aller Mächtigen lag und obwohl die päpstlichen Gesandten allenthalben das Volk gegen ihn aufwiegelten, so kämpfte er doch mit eben so großer Klugheit und Beharrlichkeit, um die geschändete Majestät wieder zu Ehren zu brin- gen, und das deutsche Volk ließ sich von den fremden Lehren nicht so leicht verführen; es empfand die böse Folge derselben, das unsägliche Elend, das
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