1845 -
Berlin
: Klemann
- Autor: Duller, Eduard
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
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Drittes Buch. Neunter Abschnitt.
Ebenso die städtischen Geschlechter, diese benannten sich entweder nach den
Straßen, worin ihre Erbhäuser standen, oder nach diesen selbst. So kamen
in Deutschland die Geschlechtsnamen beim hohen und niedern Adel
auf; — beim Bürgerstand erst später. — Gleichzeitig wurden auch die
Wappen, als Abzeichen der adeligen Geschlechter, immer mehr eingeführt.
Das Verhältnis! des Königs und der Fürsten war damals folgen-
des. Dem König blieb zur Aufrechthaltung seiner Oberherrlichkeit über die
Fürsten noch ein Mittel, nämlich die Reich sacht. Nur auf Reichstagen
und nur mit Beistimmung der Reichsstände, nämlich der Fürsten, durfte
der König Reichsgesetze geben. Ebenso war auch die Willkür der Für-
sten eingeschränkt, nach dem uralten Recht der deutschen Völkerschaften: sich
ihre Gesetze selbst zu geben; für die Fürsten, als nun wirkliche Landes-
herren, waren fortwährend die Landtage und Landstände das, was die
Reichstage und sie selbst als Reichsstände für den König waren. Gleich-
wie sie dem König die Dienste der vier Reichs-Erzämter thaten, so hielten
sie selbst auch einen Hofstaat aus ihren Dienstmannen und hatten ihren
Kämmerer, Schenken, Marschall und> Truchseß. Das Reich hatte drei Erz-
kanzler, für Deutschland den Erzbischof von Mainz, für Welschland den von
Köln und fürs arelatische Reich (d. i. Burgund) den von Trier. Die
Kanzler der Fürsten waren ihre Hofkapellane. — Die Einkünfte des Kö-
nigs bestanden aus dem Ertrag seiner Kammergüter tiitd aus dem der
Reichsgüter (besonders der Forste und Bergwerke), der Gefälle von vielen
Reichsrechten (z. B. des Münzrechts, der Reichszölle, des Schutzgelds,
welches die Juden entrichten mußten, u. m. a.), endlich aus der Königs-
steuer (welche die Fürsten intb Kirchen in Kriegszeiten bezahlten, die ersten,
wenn sie selbst nicht in den Krieg mitziehen konnten, die zweiten, weil sie
keine Leute dazu gaben), so wie aus den Abgaben der Reichsvogteien.
Ebenso bezogen die Fürsten, als Landesherren, ihre Einkünfte aus ihren
Kammergütern, aus den Gefällen solcher Rechte, die sie vom Reiche zu
Lehen trugen, (wie der Münze, der Zölle u. s. w.) uitd aus der ordent-
lichen allgemeinen Grundsteuer („Landbede"), welche die freien Grundbesitzer
bezahlen mußten; Lehnsmannen und Dienstmannen waren davon befreit,
ebenso die Geistlichkeit; von außerordentlichen Steuern („Nothbede") war
die letztere jedoch nicht ausgenommen. — Die Regierungsgeschäfte des
Königs umfaßten vorzüglich die Rechtspflege und die Aufrechthaltung der
bürgerlichen Ordnung dtireh den Landfrieden. Die weltlichen Landesherren
regierten selbst (in ihrer Abwesenheit ihre Burggrafen oder „Waltboten");
in geistlichen Ländern übten die „Vögte" oder „Vicedome" mit ausgedehn-
ter Macht die Regierung, die oberrichterliche Gewalt und die Kriegshaupt-
mannschaft, — iit den freien Gemeinden, die unmittelbar unter dem König
oder Landesherrn standen, waltete ein Vogt, welchen dieser bestellte. Ueber-
haupt aber war die ganze Verwaltung des Reiches höchst einfach, schlicht
und recht; da gab's noch keine unzählige Schaar von Beamten; jeder ein-
zelne Mainz,wuchte mit ganzer Kraft für sich selber sorgen.
Die ganze Bevölkerung Deutschlands hatte sich in Stände scharf ab-
geschieden. Den ersten Stand bildeten die Fürsten, die vom König ein
Fahnenlehen hatten, und die Höchst freien. Nur aus diesen konnte der
König gewählt werden. Den zweiten Stand machten die Mittelfreien
aus, und die Dienstmannen; beide zusammen bildeten den Stand der
Ritterschaft. Der dritte Stand war der der „Geburen", dazu gehörten
die freien Landsassen, welche unmittelbar unter dem Reiche standen, die