1845 -
Berlin
: Klemann
- Autor: Duller, Eduard
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
Die Schweiz.
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ein Kriegsmann König Rudolfs gewesen war, sprach einst zur Königin
Agnes, als sie ihm zuwinkte, in die Kirche einzutreten: „Frau, das ist
schlechter Gottesdienst, unschuldig Blut vergießen und aus dem Raube
Klöster stiften." — So dachte auch das Volk. Volks Stimme — Gottes
Stimme!
3.
„Wir wollen frei sein, wie die Väter waren!"
Schiller.
Wie viel Uebles die beiden Könige Adolf und Albrecht und so manche
Fürsten des Reichs in schmutzigem Eigennutz und eitler Herrschsucht ge-
than, — um so Heller leuchtet dagegen des Volkes Thun und Wesen, wo
es die alte Freiheit noch unverkümmert besaß, zur Begeisterung aller edlen
Herzen, die an Menschenwürde glauben, und als Vorbild, — für alle Zei-
ten, weil des Volkes Rechte, als die allerersten, auch unveräußerlich sind
und nie verjähren können.
In den drei Thalschasten der Schweiz, Uri, Schwyz und Unterwal-
den, welche die Waldstätte hießen, lebten noch Menschen von altem deut-
schen Schrot und Korn, ein kernhaftes Hirtenvolk, den einfachen Sitten und
den Tugenden der Väter getreu; in ihre einsamen Thäler, aus ihre sonni-
geil Alpenhöhn war kein Verderbniß gedrungen. Während in den übrigen
helvetischen Landen viele große Herren und Klöster reich und gewaltig ge-
worden waren, und auch manche Städte, wie Freiburg, Bern, Basel und
Zürich, durch Gemeinsinn und Ausbildung ihrer Verfassungen immer größere
Bedeutung, durch Ausbreitung ihres Handels immer größeren Wohlstand
erlangt hatten, waren die frommen Männer in Uri, Schwyz und Unterwal-
den mit der alten Volksfreiheit zufrieden, vollauf glücklich in deren Besitz,
und stolz, dies theure Erbgut zu bewahren. In uralten Zeiten hatten alle
Familien aus sämmtlichen drei Waldstätten nur eine einzige Lands-Gemeinde
ausgemacht, und die Männer waren jedesmal, wenn's das Gemeinwohl
galt, nach altem deutschem Brauch, zur Berathung zusammengekommen. Als
dann in der Folge die Zahl des Volks in den Thälern so zugenommen
hatte, daß die Männer aus ihren einsam gelegnen Höfen zogen, und in
Dörfern beisammen wohnten, da war jede von den drei Thalschasten ein
eigner Freistaat und für sich selbstständig geworden; doch vergaßen sie dabei
die alte Einheit nicht und hielten gegen jede Gewaltthat von Außen brü-
derlich zusammen. Jede Lands-Gemeinde wählte sich selber ihren Landam-
mann und ihre Richter; das mußten freie unbescholtne Männer sein. Durch
diese regierte das Volk sich selbst und war dabei glücklich. Weil sich aber
die Waldstätte zum deutschen Reich bekannten, nämlich als dessen unmittel-
bare Glieder, so hatten sie einen Reichsvogt. Dieser wohnte jedoch nicht
bei ihnen, sondern sie beriefen ihn jedesmal, wenn in des Kaisers Namen
über Blutschuld zu richten war, ins Land herein. Dies Amt hatten seit
einiger Zeit die Grafen von Habsburg gut und ehrlich verwaltet.
Als nun König Rudolf gestorben war, welcher den Waldstätten
gar lieb und werth gewesen, weil er ihre Freiheit hochgeehrt hatte, und
wie sie vernahmen, daß sein Sohn Albrecht die Verwaltung der haböburgi-
schen Erblande übernommen hatte, war ihnen sehr bang vor diesem, weil
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